Deutscher Kommunalimnformationsdienst 13.10.2025

Ifo: Wohnungsmieten werden zum Wachstumshindernis

Der Mietmarkt in deutschen Großstädten spaltet sich zunehmend. Während bei bestehenden Verträgen die Mieten nur moderat zulegten, stiegen die Mieten bei Neuverträgen in den sieben größten deutschen Städten seit 2013 um rund 75%. „Diese Entwicklung droht zum sozialen Sprengstoff und zum Wachstumshemmnis für Städte zu werden“, warnt Ifo-Forscher Oliver Falck, einer der Autoren der Untersuchung. Wenn sich Arbeitskräfte das Wohnen in den Metropolen nicht mehr leisten könnten, verliere der städtische Arbeitsmarkt an Dynamik. Die Ifo-Forscher errechneten, dass Mieten bei Neuverträgen im Schnitt 4,50 Euro pro Quadratmeter über denen bestehender Verträge liegen – ein Aufschlag von rund 48 Prozent. Besonders stark fällt die Differenz in Berlin aus (rund 70 Prozent), gefolgt von München (45 Prozent) und Hamburg (37 Prozent). In Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf liegen die Werte zwischen 30 und 36 Prozent. „Auf dem Wohnungsmarkt öffnet sich zunehmend eine Schere“, so Ifo-Koautor Simon Krause. Während Mieterinnen und Mieter im Bestand von stabilen Preisen profitieren, zahlen Wohnungssuchende bei Neuvermietungen deutlich mehr. „Das kann bei gleicher Lage und Größe mehrere hundert Euro Unterschied im Monat bedeuten – der Mietmarkt wird zur Lotterie.“ Die Forscher haben erstmals die Mietbelastung nach Bestand und Neuvermietung getrennt analysiert. Ergebnis: Im Bestand bleibt die Belastung einkommensschwacher Haushalte seit Jahren bei etwa 35 Prozent des verfügbaren Einkommens. Bei Neuverträgen liegt sie dagegen inzwischen bei fast 50 Prozent. „Viele Menschen bleiben deshalb lieber in ihrer günstigen Wohnung, auch wenn sie nicht mehr zu ihrer Lebenssituation passt“, erklärt Ifo-Forscher Pascal Zamorski. Das senke die räumliche Mobilität und schränke die Verfügbarkeit von Arbeitskräften ein. Das Ifo-Institut fordert, stärker auf der Angebotsseite anzusetzen: effizientere Nutzung des Wohnungsbestands, schnellere Genehmigungen und gezielte Förderung bezahlbarer Wohnungen. Eine reine Mietpreisregulierung könne kurzfristig dämpfen, löse aber das Problem des knappen Wohnraums nicht. Der Bundestag hat mit dem sogenannten Bau-Turbo inzwischen reagiert. Das Gesetz soll Genehmigungsverfahren in den Kommunen beschleunigen – sowohl für Neubauten als auch für Nachverdichtungen und Aufstockungen etwa auf Supermärkten. Ziel ist, den brachliegenden Wohnungsbau wieder in Gang zu bringen. (ifo, 13.10.2025) Ganzer Artikel hier…

 

Schleswig-Holstein als Vorreiter für digitale Souveränität

Schleswig-Holstein hat als erstes deutsches Bundesland seine gesamte Landesverwaltung auf Open-Source-E-Mail-Systeme umgestellt – ein Schritt, der bundesweit Beachtung findet. Rund 40.000 Postfächer wurden in einem halben Jahr von Microsoft Exchange und Outlook auf Open-Xchange und Thunderbird migriert. Das Projekt markiert einen zentralen Meilenstein der Open Innovation und Open Source Strategie Schleswig-Holstein, mit der das Land digitale Abhängigkeiten von großen Tech-Konzernen beenden und seine digitale Souveränität sichern will.

 

Parallel ersetzt die Landes-IT Microsoft Office durch LibreOffice, nutzt Nextcloud als Plattform für die Zusammenarbeit, OpenTalk für Videokonferenzen und testet den Einsatz von Linux als Betriebssystem. Auch die Telefonie soll künftig auf offene Lösungen umgestellt werden.

 

Im Interview mit dem Deutschen Kommunalinformationsdienst (DEKOM) erläutert Digitalminister Dirk Schrödter (CDU), wie weit Schleswig-Holstein auf dem Weg zur digitalen Unabhängigkeit ist, welche Lehren sich aus der Großumstellung ziehen lassen – und warum Open Source auch für Kommunen, etwa bei der Wärmeplanung, eine echte Zukunftsperspektive bietet.

 

DEKOM: Wo stehen Sie aktuell mit der Einführung der neuen E-Mail- und Office-Programme?

Schrödter: Wir haben in unserer Landesverwaltung am 2. Oktober den Umstieg des Mailsystems von Microsoft Exchange und Outlook auf die Open-Source-Lösungen Open-Xchange und Thunderbird vollständig vollzogen – damit endet ein sechsmonatiger Umstellungsprozess mit mehr als 40.000 Postfächern mit insgesamt deutlich mehr als 100 Millionen E-Mails und Kalendereinträgen. Wir sind dadurch in Schleswig-Holstein dem Ziel eines digital souveränen IT-Arbeitsplatzes ein großes Stück nähergekommen. Wir wollen unabhängig werden von großen Tech-Konzernen und die digitale Souveränität sicherstellen. Jetzt können wir auch bei der E-Mail-Kommunikation sagen: Mission erfüllt. Bereits im vergangenen Jahr hatten wir damit begonnen, LibreOffice als neue Standard-Bürosoftware auszurollen und Microsoft Office zu ersetzen. Mit der aktuellen Umstellung des Mailsystems wird jetzt auch schrittweise MS Office von den Landesrechnern deinstalliert.

 

Übrigens: Unsere Open Innovation und Open Source Strategie Schleswig-Holstein umfasst weitere Bereiche der Landes-IT: Die Software Nextcloud ersetzt Schritt für Schritt Microsoft SharePoint als zentrale Plattform für Zusammenarbeit und wird bereits in zahlreichen Verwaltungen aktiv genutzt. Bei den Videokonferenzen setzt das Land auf die Lösung OpenTalk. Auch wird der Einsatz des Betriebssystems Linux als Alternative zu Windows erprobt. Schließlich sollen auch die Telefonsysteme umgestellt und mit einer Open-Source-Lösung betrieben werden. All das sind wichtige Bausteine auf dem Weg in die digitale Souveränität Schleswig-Holsteins – mit mehr Transparenz und Sicherheit für unsere Verwaltung sowie Innovationskraft für den Digitalstandort. Schleswig-Holstein ist schon jetzt digital unabhängiger, moderner und zukunftsfester geworden.

 

DEKOM: Wie stellt das Land sicher, dass die eingesetzte Open-Source-Software zuverlässig funktioniert und Sicherheitslücken schnell geschlossen werden? Welche Unterstützung erhalten Verwaltungen und ihre Mitarbeiter, damit die Umstellung im Alltag reibungslos gelingt?

 

Schrödter: Der konsequente schrittweise Umstellungsprozess der Landes-IT wurde über mehrere Jahre hinweg gemeinsam mit den Herstellern vorbereitet und in der „Open Innovation und Open Source Strategie Schleswig-Holstein“ beschrieben. Die Software wird sowohl auf den Arbeitsplätzen als auch serverseitig im Rechenzentrum bei unserem IT-Dienstleister regelmäßig auf Sicherheitslücken geprüft und aktualisiert. Im Gegensatz zu den üblichen proprietären Lösungen können durch die Einsehbarkeit des Quellcodes Sicherheitslücken schneller entdeckt und geschlossen werden. Zudem können unerwünschte Datenabflüsse verhindert werden.

 

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können darüber hinaus auf eine Vielzahl von Tutorials, Anleitungen, E-Learning-Angeboten und auch klassischen Schulungen zurückgreifen. Während der Migration werden sie vor Ort unterstützt. Allein für Open-Xchange wurden 18 Lernvideos zur Verfügung gestellt. Die vergangenen Wochen und Monate haben zugleich gezeigt: Eine solche Umstellung ist keine Kleinigkeit. Wir sind echte Pioniere. Wir können nicht auf die Erfahrung anderer zurückgreifen – weltweit gibt es kaum ein vergleichbares Projekt dieser Größenordnung. Der große Dank gilt allen rund 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ohne ihre Unterstützung wäre diese Umstellung nicht möglich. Künftig können wir mit unseren Erfahrungswerten – von der Datenanalyse bis zum Monitoring im Rechenzentrum – anderen helfen und sie unterstützen, wenn sie sich auf den Weg machen, den wir gerade als erste beschreiten.

 

DEKOM: Schleswig-Holstein setzt stark auf offene Software und offene Daten. Wie stellen Sie sicher, dass unterschiedliche Programme und Fachverfahren künftig gut zusammenarbeiten und Kommunen nicht in neue Abhängigkeiten geraten?

 

Schrödter: Schleswig-Holstein ist ja mit dieser Umstellung nicht allein. Wir bemerken im IT-Markt einen zunehmenden Wandel hin zu Open-Source-Lösungen. Gerade durch den Einsatz von Open Source löst sich die öffentliche Verwaltung aus monopolhaften Abhängigkeiten und kann selbstbestimmt ihre Werkzeuge fortentwickeln. Offene Standards verhindern Abhängigkeiten. Anforderung an Lösungsanbieter, wie Fachverfahrenshersteller, wird zukünftig sein, ihre Lösungen mit offenen Schnittstellen und offenen Standards auszustatten. Viele Anbieter sind heute schon darauf eingerichtet.

 

DEKOM: Wie stellen Sie sicher, dass die neue Software sowohl den Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen genügt als auch langfristig wirtschaftlich ist? Gibt es eine Gesamtrechnung, die zeigt, ob sich die Umstellung für das Land am Ende rechnet?

 

Schrödter: Das Vorurteil, Open Source sei unsicher, ist falsch: Professionelle Anbieter sorgen für verlässliche Weiterentwicklung, Communities entdecken Schwachstellen schneller. So stärken wir unsere IT-Sicherheit. Die Kernfrage ist zudem: Kann der Staat jederzeit die Hoheit über seine IT und Daten wahren? Bei US-Anbietern ist das nicht gewährleistet. US-Firmen unterliegen dem Patriot Act – sie können gezwungen werden, Daten herauszugeben, egal wo diese gespeichert sind. Die sogenannten Hyperscaler behalten sich außerdem vor, Metadaten zu analysieren oder in die USA zu transferieren. Darum setzen wir auf Open Source, betrieben vom IT-Dienstleister Dataport. Für jedes Produkt gibt es eigene Sicherheitskonzepte. Die Transparenz im Quellcode erhöht die Sicherheit.

 

Was wir tun, ist wirtschaftlich im Sinne davon, dass wir über einen gewissen Zeitraum weniger Mittel einsetzen. Im Moment geht es natürlich darum zu investieren. Wir müssen die Software an die spezifischen Bedürfnisse unserer Verwaltung anpassen. Und das zahlt sich dann nach einer gewissen Zeit aus, weil wir nicht ständig neue Lizenzen kaufen müssen. Aber darum geht es am Ende nicht. Wir müssen die digitale Souveränität für Schleswig-Holstein, für Deutschland, für ganz Europa sichern. Wir sollten uns nicht immer fragen, was digitale Souveränität kosten darf.

 

DEKOM: Viele Kommunen stehen vor der Aufgabe, eine Wärmeplanung zu erstellen. Unterstützt das Land offene digitale Lösungen, mit denen Städte und Gemeinden diese Planung selbst steuern und transparent umsetzen können?

 

Schrödter: Wir prüfen aktuell gemeinsam mit dem vom Land initiierten DigitalHub.SH, welche Open-Source-Ansätze für eine kommunale Wärmeplanung grundsätzlich geeignet wären.

 

Hintergrund:

Im Juli 2025 besuchte Digitalminister Dirk Schrödter den EBERO FAB Campus in Norderstedt, um sich über praxisnahe Anwendungen offener Standards in der kommunalen Infrastruktur zu informieren. Im Mittelpunkt stand die von EBERO FAB und Partnern entwickelte Urban Data Platform (UDP), die es Städten und Stadtwerken ermöglicht, Daten aus unterschiedlichen Quellen sicher, interoperabel und kommunal gesteuert zu nutzen. Das Beispiel verdeutlicht, wie sich die Open-Source-Strategie des Landes in konkreten Projekten vor Ort widerspiegelt – und wie technische Offenheit, Datensouveränität und kommunale Innovationskraft zusammenwirken können. (DEKOM, 13.10.2025) Mehr Infos hier…

 

Zwischen Anspruch und Realität: Open Source in der Berliner Verwaltung

Während Schleswig-Holstein beim Einsatz freier Software konsequent auf digitale Souveränität setzt, zeigt ein Blick in die Hauptstadt, wie weit der Weg vieler Verwaltungen noch ist. In Berlin liegt der Anteil quelloffener Fachverfahren derzeit bei gerade einmal 23 Prozent. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine parlamentarische Anfrage des SPD-Abgeordneten Jan Lehmann hervor. Das Ergebnis zeichnet ein ernüchterndes Bild: Der Umstieg auf offene Standards und Open-Source-Lösungen erfolgt bislang nur punktuell und ohne klare Gesamtstrategie. Der Berliner Senat hat nach eigenen Angaben keinen vollständigen Überblick darüber, welche Fachverfahren Microsoft Office direkt verwenden – etwa durch den Einsatz von „Word“ in Verwaltungsprozessen. Nur in besonders sensiblen Bereichen, in denen personenbezogene Daten verarbeitet werden, wird teilweise auf Microsoft-Produkte verzichtet. Begründet wird das mit erhöhten Sicherheitsanforderungen. Gleichzeitig verweist die Verwaltung auf das neue EU-US Data Privacy Framework, das bestimmte US-Anbieter – darunter auch Microsoft – datenschutzrechtlich legitimiert. Damit droht die Grundsatzfrage digitaler Souveränität erneut hinter pragmatische Sicherheitsargumente zurückzutreten. Immerhin: Der Senat prüft inzwischen, ob künftig verbindlich offene Standards vorgeschrieben werden sollen. Damit ließe sich ein späterer Wechsel auf Open-Source-Lösungen schrittweise umsetzen, ohne die Verwaltung auf einen Schlag umstellen zu müssen. Auch die geltende IKT-Architektur des Landes Berlin (Version 1.95) setzt in Teilen auf Offenheit. Sie schreibt vor, dass alle neuen Fachverfahren HTML5-kompatibel und damit betriebssystemunabhängig sein müssen. Derzeit erfüllen bereits rund 48 Prozent der Verfahren diese Anforderung. Eine zentrale Voraussetzung für größere Fortschritte ist die geplante IKT-Zentralisierung: Sobald das ITDZ Berlin (IT-Dienstleistungszentrum) alle Computer der Berliner Verwaltung standardisiert verwaltet, könnte ein einheitlicher, quelloffener Arbeitsplatz – etwa auf Basis des „BerlinPC“ – realisiert werden. Doch bis dahin bleibt die Abhängigkeit von Windows-basierten Fachverfahren eine der größten Hürden. Viele Programme wurden ausschließlich für Microsoft-Betriebssysteme entwickelt, was nicht nur die Einführung alternativer Software erschwert, sondern auch bei internen Windows-Updates regelmäßig Kompatibilitätsprobleme verursacht. Politisch setzt Berlin auf Evolution statt Revolution. Bei jeder neuen Softwareeinführung soll künftig geprüft werden, ob eine Open-Source-Alternative verfügbar ist. Fachverfahren sollen langfristig webbasiert entwickelt und ältere Anwendungen schrittweise angepasst werden. Dieser inkrementelle Ansatz soll verhindern, dass ein abrupter Wechsel die Verwaltung überfordert. Gleichwohl bleibt der Rückstand im Ländervergleich deutlich: Während Schleswig-Holstein mit offener Software bereits produktiv arbeitet, steckt Berlin noch in der konzeptionellen Vorbereitung.

 

Fazit

Berlin steht damit exemplarisch für die Herausforderungen vieler Bundesländer: fehlende Übersicht, komplexe Fachverfahren und föderale IT-Strukturen bremsen den Fortschritt. Doch die Richtung ist vorgezeichnet. Offene Standards, webbasierte Anwendungen und eine zentral gesteuerte Infrastruktur sind die Grundpfeiler einer Verwaltung, die ihre digitale Souveränität langfristig sichern will. Ob Berlin den politischen Willen und die organisatorische Konsequenz aufbringt, den eingeschlagenen Weg zügig weiterzugehen, bleibt abzuwarten. (Jan Lehman MdA, 06.10.2025) Ganzer Artikel hier…

 

Digitale Wärmeplanung: Wie Kommunen mit digitalen Zwillingen den Überblick behalten

Die kommunale Wärmeplanung wird für Städte und Gemeinden zu einer zentralen Aufgabe der Energiewende. Seit Inkrafttreten des Wärmeplanungsgesetzes (WPG) sind alle Kommunen verpflichtet, bis spätestens 2028 einen Wärmeplan vorzulegen – größere Städte bereits bis Mitte 2026. Unterstützung bieten zunehmend digitale Werkzeuge, die Daten, Szenarien und Beteiligungsprozesse zusammenführen. Einer der Pioniere auf diesem Gebiet ist das Freiburger Unternehmen greenventory GmbH, das digitale Zwillinge für Energie- und Infrastruktursysteme entwickelt. „Unsere Plattformen helfen Kommunen, den komplexen Umbau der Wärmeversorgung datenbasiert und nachvollziehbar zu steuern“, sagt Geschäftsführer Dr. Sven Killinger.

 

Viele Kommunen starten in die Wärmeplanung mit unvollständigen oder heterogenen Datensätzen. Hier setzen digitale Zwillinge an: Sie kombinieren amtliche Geodaten, Open-Data-Quellen und Fernerkundungsdaten zu einem präzisen digitalen Abbild der Kommune. Darin lassen sich Wärmebedarfe, Potenziale erneuerbarer Energien oder Abwärmequellen sichtbar machen. „So entstehen belastbare Grundlagen für politische Entscheidungen – auch dort, wo bislang wenig Daten vorlagen“, erläutert Killinger. Für kleinere Kommunen sei das ein entscheidender Vorteil. Standardisierte Workflows und cloudbasierte Anwendungen reduzierten Planungsaufwand und Kosten deutlich. Gleichzeitig bleibe die Datensouveränität bei der Kommune: „Wir begleiten die Verwaltungen so, dass Wissen und Steuerungskompetenz vor Ort bleiben – nicht bei externen Gutachtern.“ Mehr als 300 Kommunen nutzen nach Angaben des Unternehmens bereits die Plattform. Beispiele sind Bad Neuenahr-Ahrweiler, Ingolstadt, Bielefeld oder Wedel.

 

In Bad Neuenahr-Ahrweiler entsteht derzeit ein umfassender Wärmeplan in Kooperation mit den Ahrtal-Werken und lokalen Akteuren. Im Fokus stehen Bestandsanalysen, Potenzialstudien und Beteiligungsprozesse.

 

In Ingolstadt wiederum wurde ein Energienutzungsplan entwickelt, der den Weg zur Klimaneutralität bis 2035 unterstützt.

 

Auch kleinere Städte setzen auf digitale Ansätze: In Staufen kombinierte die Verwaltung eine Online-PV-Kampagne mit kommunaler Förderkulisse und lokaler Handwerksbeteiligung – ein Beispiel für erfolgreiche Bürgeraktivierung. Innerhalb von neun Monaten stieg die Zahl neuer Photovoltaikanlagen um 20 Prozent. Die Wärmeplanung entwickelt sich weg vom einmaligen Gutachten hin zu einem fortschreibbaren Steuerungsprozess. „Digitale Zwillinge werden künftig kontinuierlich aktualisiert und für Monitoring, Förderanträge und Beteiligungsplattformen genutzt“, so Killinger.

 

Neue Standards bei Datenformaten, Schnittstellen und KI-gestützter Szenarioanalyse sollen zudem Interoperabilität und Planungssicherheit verbessern. Ein weiteres Zukunftsthema ist die Integration von Resilienz- und Klimaanpassung: Hitzeschutz, Starkregenmanagement und Energieplanung verschmelzen zunehmend zu einem Gesamtbild kommunaler Infrastrukturentwicklung.

 

Fazit

Die kommunale Wärmeplanung ist längst kein Nischenthema mehr, sondern Kernelement strategischer Daseinsvorsorge. Digitale Werkzeuge wie die von greenventory ermöglichen Kommunen, Daten, Akteure und Szenarien in einer Plattform zusammenzuführen – und damit fundierte Entscheidungen zu treffen. „Je früher Kommunen beginnen, ihre Datenbasis aufzubauen und digitale Planungsprozesse zu etablieren, desto besser können sie die Energiewende aktiv gestalten“, resümiert Dr. Sven Killinger. (DEKOM, 13.10.2025) Mehr Infos hier…  

 

Pendeln bleibt Normalfall – Großstädte ziehen weiter an

Immer mehr Beschäftigte in Deutschland arbeiten außerhalb ihres Wohnorts. Laut einer aktuellen Auswertung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) pendelten Mitte 2024 rund 20,6 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über Gemeindegrenzen hinweg – das entspricht rund 60 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Vor allem die großen Städte ziehen weiter Menschen aus dem Umland an. München bleibt mit Abstand das wichtigste Ziel für Berufspendlerinnen und -pendler, gefolgt von Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg und Köln. Besonders stark stiegen die Zahlen zuletzt in Köln, Frankfurt und Berlin. „Rund 42 Prozent der Beschäftigten arbeiten inzwischen in Großstädten. Diese üben als Arbeitsmarktzentren eine enorme Anziehungskraft aus“, sagt BBSR-Experte Thomas Pütz. Das habe spürbare Folgen für Verkehr, Umwelt und Lebensqualität – insbesondere in den Verdichtungsräumen. Während die Zahl der Pendelnden in den Ballungsräumen wächst, legen Beschäftigte in ländlichen Regionen oft deutlich längere Wege zurück. Besonders hohe durchschnittliche Pendeldistanzen wurden in den Landkreisen Märkisch-Oderland, Ludwigslust-Parchim und Altmarkkreis Salzwedel gemessen – jeweils über 27 Kilometer pro Strecke. Die Zahlen verdeutlichen, wie stark Wohnen, Arbeiten und Mobilität mittlerweile voneinander entkoppelt sind. Um die Belastungen durch den Pendelverkehr zu verringern, fordert das BBSR mehr Investitionen in öffentlichen Nahverkehr, sichere Radwege und Radschnellverbindungen sowie den Ausbau von Homeoffice- und Co-Working-Angeboten. Die Statistik beruht auf den Wohn- und Arbeitsorten aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zum Stichtag 30. Juni 2024. Erfasst werden keine tatsächlichen Pendelhäufigkeiten oder Verkehrsmittel, sondern strukturelle Pendelbeziehungen. Insgesamt weist die Erhebung rund 34,3 Millionen Beschäftigte aus. (BBSR, 10.10.2025) Ganzer Artikel hier…

 

Herbstlaub richtig entsorgen – Verkehrssicherheit, Umweltschutz und kommunale Angebote im Blick

Der VKU weist darauf hin, dass die Laubbeseitigung nicht nur eine Frage der Stadtsauberkeit, sondern vor allem der Verkehrssicherheit ist. Wenn die Blätter fallen, beginnt für kommunale Stadtreinigungen eine arbeitsintensive Zeit des Jahres. Rund 75.000 Tonnen Laub sammeln die Stadtreiniger allein in den zehn größten deutschen Städten pro Saison. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) weist darauf hin, dass die Laubbeseitigung nicht nur eine Frage der Stadtsauberkeit, sondern vor allem der Verkehrssicherheit ist. Feuchtes Laub auf Gehwegen kann schnell zur Rutschfalle werden – besonders bei Regen oder beginnendem Frost. Deshalb ist es wichtig, dass Laub regelmäßig entfernt wird – sowohl durch die kommunalen Reinigungsdienste als auch durch Anwohnerinnen und Anwohner, die je nach kommunaler Satzung für die Gehwegreinigung zuständig sein können. Zunehmend problematisch für die Stadtreinigungen ist das sogenannte Littering – also das achtlose Wegwerfen von Müll im öffentlichen Raum. Gerade in der Laubsaison erschwert es die Arbeit zusätzlich: Zwischen den Blättern sammeln sich Verpackungsmüll, Zigarettenkippen und andere Abfälle, die mit dem Laub aufgenommen werden. Das verlängert die Reinigungszeiten, erhöht die Kosten und macht die Trennung von Laub und Restmüll aufwendiger. Hinzu kommt: Littering ist nicht nur ein Problem für die öffentliche Ordnung, sondern auch ein Umweltproblem. Zigarettenkippen enthalten Schadstoffe, die Böden und Gewässer belasten können. Plastikverpackungen zersetzen sich nur sehr langsam und gefährden Tiere, die sie mit Nahrung verwechseln. Besonders problematisch wird es, wenn dieser Müll mit dem Laub in die Bioabfallsammlung gelangt: Fremdstoffe wie Plastik oder Metall lassen sich im Kompostierungsprozess nur schwer verarbeiten und müssen mit zusätzlichem Aufwand entfernt werden. Gleichzeitig leidet die Qualität des Komposts, wenn der Biomüll verunreinigt ist – er kann dann oft nicht mehr sinnvoll für Gartenbau oder Landwirtschaft genutzt werden. Deshalb gilt: Müll gehört in den dafür vorgesehenen Abfallbehälter – und nicht achtlos auf die Straße oder zwischen das Laub. Wer richtig trennt und entsorgt, schützt Umwelt, Tiere und Ressourcen – und unterstützt die Arbeit der kommunalen Stadtreinigungen. Service-Tipps für die Laubentsorgung:

 

  • Laubkörbe bestellen: In vielen Kommunen können Bürgerinnen und Bürger kostenlose oder kostengünstige Laubkörbe über die Website der örtlichen Entsorgungsbetriebe bestellen. Diese werden an öffentlichen Straßen aufgestellt und regelmäßig geleert.
  • Biotonne oder Laubsack: Alternativ bieten viele Städte spezielle Laubsäcke an, die ebenfalls über die kommunalen Websites erhältlich sind.
  • Wertstoffhof: Laub kann dort kostenfrei oder gegen geringe Gebühr abgegeben werden.
  • Kompostieren: Im eigenen Garten ist Laub ein wertvoller Bodenverbesserer. Laubhaufen für Tiere: Sie bieten Igeln und anderen Nützlingen einen wichtigen Unterschlupf für den Winter.

 

Achtung Miniermotten!

Besonders Kastanien sind in diesem Jahr erneut stark von der Rosskastanienminiermotte (Cameraria ohridella) betroffen. Die Larven fressen sich durch das Blattinnere und sorgen für frühzeitigen Blattverlust. Das erschwert die Photosynthese und schwächt die Bäume erheblich. Der Verband kommunaler Unternehmen empfiehlt, das Laub von befallenen Kastanien zügig aufzusammeln und über die Biotonne oder Grüngut-Annahmestellen zu entsorgen – nicht auf dem eigenen Kompost. Nur bei fachgerechter Entsorgung werden die Larven zuverlässig abgetötet und eine weitere Ausbreitung verhindert. (VKU, 13.10.2025) Ganzer Artikel hier…

 

Wohnungen für Studenten bleiben knapp und teuer

Auf dem studentischen Wohnungsmarkt ist weiter keine Entspannung in Sicht. In nahezu allen Hochschulstädten Deutschlands sind die Mieten im vergangenen Jahr erneut gestiegen – wenn auch etwas moderater als in den Jahren zuvor. Von Entwarnung kann dennoch keine Rede sein: Bezahlbarer Wohnraum für Studierende bleibt Mangelware. Eine aktuelle Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass nur in Bochum, Magdeburg und Chemnitz die BAföG-Wohnkostenpauschale von 380 Euro pro Monat ausreicht, um eine typische Studentenwohnung in Uninähe zu finanzieren. In allen anderen untersuchten 38 Hochschulstandorten liegen die Mieten darüber – häufig deutlich. Besonders teuer ist das studentische Wohnen in München, wo eine 30-Quadratmeter-Wohnung im ersten Halbjahr 2025 durchschnittlich rund 840 Euro warm kostete. Dahinter folgen Frankfurt am Main (730 Euro), Köln (690 Euro) und Heidelberg (670 Euro). Selbst in Berlin, einst für moderate Preise bekannt, lag die Warmmiete zuletzt bei etwa 660 Euro. Die hohen Mieten führen dazu, dass immer mehr Studierende in größerer Entfernung zu ihrer Hochschule wohnen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts benötigten 2024 rund 16 Prozent der Studierenden eine Stunde oder länger für den einfachen Weg zur Hochschule. Das betrifft mittlerweile fast jeden sechsten Studierenden. Finanziell belastet die Wohnsituation die Studierenden überdurchschnittlich stark: Im Durchschnitt gaben sie rund 53 Prozent ihres monatlichen Einkommens für Miete und Nebenkosten aus. Zum Vergleich: In der Gesamtbevölkerung liegt dieser Anteil bei etwa 25 Prozent. Zwar fiel der Mietanstieg im vergangenen Jahr mit durchschnittlich 2,3 Prozent etwas geringer aus, doch die Ursachen für die Knappheit bleiben bestehen. Steigende Baukosten, hohe Zinsen und langwierige Genehmigungsverfahren bremsen die Neubautätigkeit. Nach Berechnungen des ifo Instituts könnten im Jahr 2027 bundesweit nur noch rund 170.000 Wohnungen fertiggestellt werden – der Bedarf wäre jedoch etwa doppelt so hoch. Damit droht sich die studentische Wohnungsnot in den kommenden Jahren weiter zu verschärfen. Fachleute fordern, dass die Politik kurzfristig den Neubau von Wohnheimplätzen stärker fördert und die Programme von Bund und Ländern ausbaut. Mittel- und langfristig gehe es darum, Planungs- und Bauprozesse zu vereinfachen, Flächen effizienter zu nutzen und die Wohnraumförderung an die realen Mietniveaus in Hochschulstädten anzupassen. Denn klar ist: Ohne gezielte Anstrengungen von Hochschulträgern, Ländern und Kommunen droht das studentische Wohnen in vielen Städten zum sozialen Risiko zu werden – und damit auch die Attraktivität der Hochschulstandorte zu schwächen. (IWD, 07.10.2025) Ganzer Artikel hier…

 

Solarenergie: Millionen Haushalte könnten von Mieterstrom profitieren

Mit Mieterstrom können Mieter günstigeren Solarstrom direkt vom Hausbesitzer beziehen. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt: Das Modell lohnt sich und könnte einen großen Teil des Photovoltaik-Bedarfs decken. Bislang wird es jedoch kaum genutzt. Millionen Mieterhaushalte in Deutschland könnten von Solarstrom auf dem Dach profitieren. Das zeigt eine IW-Studie im Rahmen des Ariadne-Projekts, einem Zusammenschluss von 26 wissenschaftlichen Einrichtungen, die zur Energiewende forschen. Demnach könnten bis zu 20,4 Millionen Wohnungen in rund drei Millionen Mehrfamilienhäusern technisch mit Mieterstrom versorgt werden. Würde das Potenzial voll ausgeschöpft, ließen sich bis zu 60 Gigawatt Photovoltaik installieren – fast ein Drittel des Ausbauziels bis 2030. Beim Mieterstrom installieren Hausbesitzer, meist die Vermieter, eine Solaranlage und bieten den erzeugten Strom direkt den Bewohnern an. Diese schließen ihren Liefervertrag mit dem Vermieter ab. Weil dabei Netzentgelte und Abgaben entfallen, können die Mieter von günstigeren Preisen profitieren. Nur der restliche Stromverbrauch wird aus dem öffentlichen Netz versorgt. Besonders attraktiv ist das Modell, wenn es mit der Nutzung von Wärmepumpen oder E-Autos kombiniert wird. Auch für die Vermieter lohnt sich das Modell, zeigen die Berechnungen. Im Basisszenario ergibt sich für ein typisches Gebäude eine Rendite von 3,6 Prozent, unter Idealbedingungen sogar bis zu 18,5 Prozent – abhängig davon, wie viele Mieterhaushalte am Modell teilnehmen und wie gut die Größe der PV-Anlage und der Batterie an den Bedarf angepasst ist. Dennoch bleibt die Zahl der realisierten Projekte überschaubar: Bei der Bundesnetzagentur sind bislang nur rund 5.400 Mieterstromanlagen registriert – gegenüber gut vier Millionen Photovoltaik-Anlagen insgesamt.  „Vor allem bürokratische Hürden bremsen den Ausbau“, kommentiert Studienautor Ralph Henger die Ergebnisse. Die Vorgaben zur Strommessung und Abrechnung seien kompliziert, die Genehmigungsprozesse von PV-Anlagen durch die Netzbetreiber aufwendig. „Ohne Reformen bleiben wertvolle Potenziale ungenutzt“, warnt IW-Ökonom Henger. Nötig seien digitale Standardprozesse bei Zählerwechsel und der Anmeldung bei den Netz- und Messtellenbetreibern. Zudem sollte die Politik stärkere Anreize setzen, um Solarstrom gegenüber Netzstrom zu bevorzugen. (IW Köln, 04.10.2025) Ganzer Artikel hier…

 

Erneut Rekordeinnahmen: 430 Millionen Euro Hundesteuer im Jahr 2024

Die Hundesteuer bleibt für Städte und Gemeinden eine verlässliche Einnahmequelle. Nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamts erzielten die Kommunen im Jahr 2024 rund 430 Millionen Euro aus der Hundesteuer – 2,2 Prozent mehr als im Vorjahr und fast 40 Prozent mehr als noch 2014. Damit erreicht die Steuer, die vielerorts zu den wenigen echten kommunalen Gestaltungsspielräumen zählt, einen neuen Höchststand. Die Hundesteuer ist eine klassische Gemeindesteuer, deren Höhe und Ausgestaltung jede Kommune selbst festlegt. Manche Städte staffeln sie nach der Anzahl der Hunde im Haushalt, andere differenzieren nach Hunderassen oder Gefährdungspotenzial. Die höheren Einnahmen bedeuten daher nicht zwangsläufig, dass mehr Hunde gehalten werden – vielerorts haben Kommunen ihre Sätze moderat angepasst oder Nachmeldungen stärker kontrolliert. Neben der Steuerbelastung steigen auch die laufenden Kosten der Tierhaltung weiter an. Hunde- und Katzenfutter kosteten 2024 im Durchschnitt 2,3 Prozent mehr als im Vorjahr – und sogar über 35 Prozent mehr als 2020. Die allgemeine Inflationsrate lag im gleichen Zeitraum bei 2,2 Prozent. Damit verteuert sich die Haltung eines Vierbeiners deutlich stärker als die Lebenshaltung insgesamt. Steigende Energie- und Rohstoffkosten, Transportpreise und höhere Anforderungen an Tierfutterproduktion schlagen auf die Verbraucherpreise durch. Für Städte und Gemeinden bleibt die Hundesteuer ein stetiger, aber vergleichsweise kleiner Beitrag zum Gesamthaushalt – gleichzeitig aber ein Symbol kommunaler Eigenständigkeit. Sie wird kaum als Lenkungsinstrument verstanden, sondern primär als Gemeindefinanzquelle mit Tradition. Obwohl die Einnahmen neue Rekorde erreichen, zeigt sich ein anderes Bild: Der Aufwand für Pflege, Tierarzt und Futter steigt schneller als die Einkommen vieler Haushalte. Die Hundehaltung bleibt für viele ein emotionales, zunehmend aber auch finanziell anspruchsvolles Thema.

 

Fazit

Während Kommunen von stetig wachsenden Hundesteuereinnahmen profitieren, müssen Tierhalterinnen und Tierhalter immer tiefer in die Tasche greifen. Zwischen kommunaler Finanzpolitik und privater Tierliebe zeigt sich damit ein vertrautes Muster: Was dem Haushalt hilft, belastet den Halter. (DESTATIS, 08.10.2025) Ganzer Artikel hier…

 

Gezielte Hausarztplanung kann Versorgung in den Regionen bis 2040 sichern

Insbesondere in Kleinstädten und ländlichen Regionen wird es bis zum Jahr 2040 weniger Hausärztinnen und Hausärzte geben, als nötig wären. Das geht aus Berechnungen des BARMER Instituts für Gesundheitssystemforschung und der Bertelsmann Stiftung hervor. Für eine flächendeckende Versorgung braucht es bessere Digitalisierung der Prozesse in Hausarztpraxen, mehr Übertragung hausärztlicher Aufgaben auf therapeutische und pflegerische Berufe sowie eine gezielte Steuerung, um nachrückende Hausärztinnen und Hausärzte für die betroffenen Regionen zu gewinnen.

Viele Hausärztinnen und Hausärzte wollen in den kommenden Jahren ihre Arbeitszeit reduzieren oder das Berufsfeld ganz verlassen. Dazu kommen diejenigen, die regulär in den Ruhestand gehen. In Verbindung mit dem demografischen Wandel und dem steigenden Bedarf an Gesundheitsleistungen führt das dazu, dass die hausärztliche Versorgung in Westdeutschland bis zum Jahr 2040 ähnlich angespannt sein wird, wie heute bereits in den östlichen Bundesländern. Insbesondere für den ländlichen Raum und Kleinstädte gibt es ein Risiko für Unterversorgung. Das geht aus der gemeinsamen Studie des BARMER Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) und der Bertelsmann Stiftung unter dem Dach des „Health Transformation Hub“ hervor. „Eine ausreichende Versorgung mit Hausärztinnen und Hausärzten ist wichtig für jede einzelne Kommune. Besonders im ländlichen Raum stärkt das die Zukunftsfähigkeit einer Region und damit auch das Vertrauen in die Demokratie. Deshalb muss es gelingen, die Bedarfslücken zu schließen“, sagt unsere Vorstandsvorsitzende, Brigitte Mohn.

Auch wenn bei den Hausärztinnen und Hausärzten ein Rückgang erwartet wird, muss das in der Gesamtheit nicht zwingend zu einer Unterversorgung führen. Um in einzelnen Regionen eine ohne weitere Reformen drohende Unterversorgung zu verhindern, würde es ausreichen, wenn in diesen Regionen in den kommenden 15 Jahren insgesamt 40 der nachrückenden Hausärztinnen und Hausärzte pro Jahr zusätzlich tätig werden. Eine Unterversorgung liegt vor, wenn der Sollwert der geplanten Hausarztsitze in einer Region um mehr als 25 Prozent unterschritten wird. Der Sollwert besagt, wie viele Sitze in einer Region für eine ausreichende Versorgung der Patientinnen und Patienten vorgesehen sind. Um bundesweit eine hausärztliche Versorgung auf vergleichbar hohem Niveau zu gewährleisten, müssten jährlich rund 160 Hausärztinnen und -ärzte, und damit zehn Prozent des Nachwuchses, gezielt für künftig schlechter versorgte Regionen gewonnen werden. In diesem Fall wäre die hausärztliche Versorgungsdichte in Deutschland überall auf vergleichbarem Niveau. „Es herrscht Handlungsbedarf. Eine begrenzte, zielgerichtete Tätigkeit eines Teils der künftigen Medizinerinnen und Medizinern in bestimmten Regionen würde dazu beitragen, eine Unterversorgung effektiv zu verhindern“, sagt Prof. Dr. med. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER. Zusammen mit einer deutlich konsequenteren Übertragung ausgewählter Aufgaben auf nichtärztliche Assistenzberufe bestehe die Chance, Versorgung effizient und nah am Patienten zu gestalten. Um die Versorgung in den betroffenen Regionen zu sichern, braucht es gute Bedingungen, damit neu ausgebildete Hausärztinnen und -ärzte sich dort niederlassen. Darüber hinaus aber gilt es, schon länger diskutierte Lösungsansätze für eine Weiterentwicklung des Versorgungssystems umzusetzen. Hierzu zählen vor allem Gesundheitszentren mit Leistungen verschiedener Anbieter unter einem Dach, eine bessere Digitalisierung der Prozesse in Hausarztpraxen sowie eine stärkere Arbeitsteilung mit Angehörigen therapeutischer und pflegerischer Berufe – darunter Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und -pfleger oder nicht ärztliche Praxisassistentinnen und -assistenten. Diese könnten, bei entsprechender Qualifizierung, bestimmte Aufgaben übernehmen, die bislang den Hausärztinnen und -ärzten vorbehalten sind. In den Berechnungen zur hausärztlichen Versorgung haben die Expertinnen und Experten des bifg erstmals kleinräumige demografische und arbeitsmarktbezogene Aspekte modelliert. Wie das Verhältnis aus Angebot und Bedarf an hausärztlicher Versorgung regional heute und in Zukunft ausfällt, verdeutlicht die Prognose von BARMER und Bertelsmann Stiftung in interaktiven Grafiken auf der Homepage des bifg. Diese basieren unter anderem auf einer repräsentativen Befragung der Bertelsmann Stiftung unter rund 3.700 Hausärztinnen und -ärzten, unter anderem zu ihren Zukunftsplänen, Arbeitszeitwünschen und dem Bedarf an Entlastung. Aus den Befragungsergebnissen, der Bevölkerungsvorausberechnung der Bertelsmann Stiftung auf Gemeindeebene und Informationen des Bundesarztregisters hat das bifg eine regionale Angebots- und Bedarfsprojektion bis zum Jahr 2040 erstellt. (Bertelsmann-Stiftung, 02.10.2025) Ganzer Artikel hier…