Deutscher Kommunalimnformationsdienst 28.10.2025

Ministerium stoppt Umwandlung von Militärgelände für zivile Zwecke

  • Städte und Gemeinden müssen Nachnutzungspläne überdenken
  • Verteidigungsministerium verspricht Dialog

Die geplante zivile Nachnutzung von rund 200 ehemaligen Militärliegenschaften ist vorerst vom Tisch. Das Bundesverteidigungsministerium hat ein Moratorium für die Konversion militärischer Flächen verhängt und führt diese einer „strategischen Liegenschaftsreserve der Bundeswehr“ zu. Grund ist der notwendige Aufwuchs der Streitkräfte, der neue Infrastrukturbedarfe schafft. Betroffen sind 187 ehemalige militärische Liegenschaften im Eigentum der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) sowie 13 noch von der Bundeswehr betriebene Standorte, die entgegen früherer Beschlüsse nun doch nicht aus der Nutzung genommen werden. Dazu gehören prominente Flächen wie der ehemalige Fliegerhorst Fürstenfeldbruck und Teile des Flughafens Tegel in Berlin. Für viele Kommunen bedeutet die Entscheidung einen herben Rückschlag. Seit den 1990er Jahren und verstärkt nach Aussetzung der Wehrpflicht 2011 hatten Städte und Gemeinden umfangreiche Konversionsprojekte entwickelt. Wohngebiete, Gewerbeansiedlungen oder Bildungseinrichtungen sollten auf den freiwerdenden Flächen entstehen. Diese Planungen liegen nun auf Eis. „Wir sind uns der Tragweite der Entscheidung sehr bewusst und wissen, dass in vielen Fällen bereits Planungen bestehen, betroffene Flächen zivil zu nutzen“, räumt der für Infrastruktur zuständige Staatssekretär Hilmer ein. Das Ministerium verspricht einen engen Dialog mit Ländern und Kommunen, um „gute Wege zu finden, die sowohl die militärischen Erfordernisse als auch die kommunalen Interessen berücksichtigen“. In Fällen mit besonders dringendem Konversionsinteresse laufen bereits Gespräche zwischen Bund, Ländern und Standortkommunen. Das Verteidigungsministerium signalisiert Kompromissbereitschaft: Wo immer möglich, sollen bestehende zivile Planungen berücksichtigt werden. Die strategische Liegenschaftsreserve soll im Bedarfsfall kurzfristige Lösungen für Infrastrukturbedarfe der Bundeswehr ermöglichen. Dafür werden auch verfahrensrechtliche Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten militärischen Baurechts geschaffen. Die Reserve steht zudem für militärisch geeignete Liegenschaften offen, die der Bundeswehr von Dritten angeboten werden. Das Verteidigungsministerium versucht, den betroffenen Kommunen die Entscheidung auch mit strukturpolitischen Argumenten schmackhaft zu machen. Der Aufwuchs der Bundeswehr sei nicht nur sicherheitspolitisch zwingend, sondern biete auch „strukturpolitisch Chancen für unsere Kommunen und Länder“, so Staatssekretär Hilmer. Militärstandorte bedeuten Arbeitsplätze, Kaufkraft und Aufträge für die regionale Wirtschaft. Für die betroffenen Kommunen bleibt die Situation dennoch herausfordernd. Jahre der Konversionsplanung müssen neu bewertet, alternative Entwicklungsflächen gefunden werden. Der versprochene Dialog mit dem Bund wird zeigen, welche Kompromisse im Einzelfall möglich sind. (BMVg, 28.10.2025) Ganzer Artikel hier…

 

Glasfaserausbau: Bund, Länder und Telekommunikationsbranche vereinbaren verbindliche Ziele

Der Glasfaserausbau in Deutschland soll durch konkret messbare Ziele beschleunigt werden. Darauf verständigten sich Spitzenvertreter der Telekommunikationsbranche, Länder und Kommunen bei einem Treffen mit Bundesdigitalminister Karsten Wildberger (CDU). Eine entsprechende Vereinbarung soll im ersten Quartal 2026 stehen. „Wir wollen jetzt noch einmal richtig zulegen, damit Menschen überall – unterwegs, am Arbeitsplatz oder zuhause – schnell und mit glasklaren Verbindungen im Netz sind“, betonte Wildberger nach dem Gespräch. Er kündigte einen kontinuierlichen Austausch aller Akteure mit verbindlichen Zielen an und versicherte: „Ich werde persönlich dafür sorgen, dass der Ausbau Chefsache bleibt.“ An dem Treffen nahmen hochrangige Vertreter der Branche teil, darunter Telekom-Deutschlandchef Rodrigo Diehl und Vodafone-Deutschlandchef Marcel de Groot. Letzterer zeigte sich zufrieden mit dem Gespräch und verwies auf den klaren Willen zur schrittweisen Umstellung von DSL auf Gigabit-Internet mit messbaren Zeitplänen. Dabei betonte er, dass TV-Kabelanschlüsse von der langfristig geplanten Kupferabschaltung nicht betroffen seien. Stand der Glasfasererschließung Nach Angaben des Branchenverbandes VATM werden bis Jahresende 2025 etwa 54 Prozent der deutschen Haushalte mit Glasfaser erschlossen sein – das Kabel liegt dann vor dem Haus. Bei knapp 22 Prozent (rund 10 Millionen Haushalte) ist das Gebäude bereits angeschlossen. Die Zahl der aktiv genutzten Glasfaseranschlüsse soll Ende 2025 bei etwa 6 Millionen liegen. Die Wechselbereitschaft der Kunden bleibt allerdings verhalten. Laut VATM-Marktstudie wird DSL bis Ende 2030 die meistgenutzte Anschlusstechnologie bleiben. Das Bundesdigitalministerium rechnet mit einer vollständigen Abschaltung des Kupfernetzes im Zeitraum 2035 bis 2040. Bedeutung für kommunale Akteure Für Kommunen und Stadtwerke bedeutet die Vereinbarung mehr Planungssicherheit bei Infrastrukturprojekten. Die Festlegung verbindlicher Ausbauziele schafft einen verlässlichen Rahmen für eigene Investitionsentscheidungen und ermöglicht eine bessere Koordination zwischen öffentlichen und privaten Ausbauvorhaben. Gerade für kommunale Versorger, die zunehmend eigene Glasfasernetze aufbauen, bietet die angekündigte Vereinbarung wichtige Orientierung für die strategische Ausrichtung. Die Details der verbindlichen Ziele werden in den kommenden Monaten zwischen allen Beteiligten ausgehandelt. Der Fokus liegt dabei auf der Beschleunigung des Ausbaus bei gleichzeitiger Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs zwischen den verschiedenen Anbietern. (DEKOM, 28.10.2025) Mehr Infos hier…

 

Deutschland-Stack: Digitale Souveränität braucht mehr als Open Source

Der sogenannte Deutschland-Stack soll die digitale Souveränität von Staat und Verwaltung stärken. Mit ihm entsteht ein Rahmen für eine moderne, interoperable und sichere IT-Architektur in der öffentlichen Hand. Auf der Plattform deutschland-stack stellt das Bundesministerium des Innern und für Digitalisierung (BMID) erste Basiskomponenten vor – viele davon Open Source, entwickelt im Auftrag des Bundes.

 

Open Source gilt als wichtiger Baustein digitaler Unabhängigkeit. Nach den offiziellen Kriterien des BMID ist es jedoch keine zwingende Voraussetzung, sondern wird im Bewertungsrahmen lediglich positiv gewichtet. Vorrang haben Interoperabilität, Sicherheit, Datenschutzkonformität und die Einhaltung europäischer Rechtsstandards. Damit rücken auch Anbieter in den Fokus, die eigene Lösungen entwickeln und vollständig im europäischen Rechtsraum agieren.

 

Ein Beispiel ist Enginsight aus Jena. Das Unternehmen entwickelt eine vollständig eigenständige Plattform für Cybersecurity – ohne Drittabhängigkeiten, ohne proprietäre Fremdsoftware und mit ausschließlich deutscher Infrastruktur. Die Lösung wird in zahlreichen kommunalen und mittelständischen IT-Umgebungen eingesetzt, um Netzwerke, Server und Anwendungen automatisch auf Schwachstellen, Angriffe und Sicherheitsrisiken zu prüfen.

 

Enginsight steht für eine Form von technologischer Eigenständigkeit, die im Konzept des Deutschland-Stack ausdrücklich vorgesehen ist. Die Plattform ist ISO 27001-zertifiziert, erfüllt die Anforderungen von NIS2 und kann sowohl als SaaS als auch On-Premise betrieben werden – eine Option, die für kommunale IT-Verantwortliche zunehmend an Bedeutung gewinnt.

 

Digitale Souveränität entsteht nicht allein durch offene Quellcodes, sondern auch durch verlässliche Technologien, die unter deutscher Rechtsaufsicht entwickelt, betrieben und geprüft werden. Der Deutschland-Stack bietet hierfür den übergeordneten Rahmen – und Unternehmen wie Enginsight liefern die praxisnahen Bausteine, mit denen sich dieser Anspruch in Verwaltung und Mittelstand umsetzen lässt.

 

Nicht zuletzt bleibt ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung im Land, wenn öffentliche Einrichtungen auf Lösungen aus deutscher Entwicklung setzen – ein Beitrag zur Stärkung von Innovationskraft und wirtschaftlicher Stabilität in Zeiten wachsender Abhängigkeiten. (DEKOM, 28.10.2025) Impulspapier Deutschland-Stack hier…  Mehr Infos zu Enginsight hier…

 

„Urbane Datenplattformen sind das Betriebssystem der Stadt“  

Kommunen stehen unter erheblichem Effizienz‑ und Finanzdruck. Gleichzeitig wächst der Bedarf, Entscheidungen schneller und datenbasiert zu treffen – von der Müllentsorgung über Grünflächenbewässerung bis zur Hochwasserwarnung. Dr. Daniel Trauth, Gründer des Kölner Startup dataMatters, erklärt im DEKOM‑Interview, warum urbane Datenplattformen dafür das „Betriebssystem der Stadt“ sind, wie aus Sensorik echte Mehrwert‑Apps werden und weshalb Vergaberecht, Beihilferegeln und Open‑Source‑Dogmen oft an der Realität vorbeigehen.

 

DEKOM: Viele Verwaltungen empfinden Digitalisierung noch als Zusatzlast. Zugleich fehlen Personal und Geld. Kommunale Entscheidungsprozesse sind oft zu langsam, während der Aufgabenberg wächst. Personal aufzustocken ist kaum möglich – für neue Aufgaben fehlen schlicht die Leute. Effizienzsteigerung gelingt daher vor allem über Technologie. Ein Beispiel: Nürnberg prüft Wohngeldanträge inzwischen mit einem für 12.000 Euro entwickelten Algorithmus. In Bonn hingegen sind 35 Mitarbeitende sieben Monate im Rückstand. Das zeigt, wie stark digitale Lösungen Hebelwirkung entfalten können. Wie erleben Sie das in Ihrer Arbeit, Herr Trauth?

 

Trauth: Genau das beobachten wir auch. Technologie ersetzt nicht Menschen, aber sie ermöglicht, dass vorhandenes Personal deutlich effizienter arbeitet. Die Kunst liegt darin, diese Systeme so zu gestalten, dass sie wirklich entlasten – nicht zusätzlich belasten.

 

DEKOM: Sie bezeichnen urbane Datenplattformen als das „Betriebssystem der Stadt“. Was heißt das konkret?

 

Trauth: Wie ein Betriebssystem bindet die Plattform „Peripherie“ an – also Sensorik, Aktoren, Fachsysteme – und macht Daten beherrschbar. Auf dieser Basis entstehen spezifische Anwendungen: Monitoring, Steuerung, Auswertung. Erst die Plattform sorgt für Interoperabilität, Sicherheit, Rechte‑ und Rollenmodelle sowie skalierbares Datenmanagement.

 

DEKOM: Welche kommunalen Mehrwerte sehen Sie besonders deutlich?

 

Trauth: Zwei Beispiele: In Dormagen analysieren wir DSGVO‑konform Passantenströme. So lassen sich Gründe für Leerstände besser bewerten und der Einzelhandel gezielt stärken – etwa durch Stadtfeste an umsatzstarken Spots. Das erhält am Ende Gewerbesteuersubstanz. In Hürth war das Ziel, Wildmüll zu vermeiden, der entsteht, wenn Mülleimer überlaufen. Füllstandsensoren plus operative Steuerung senken Kosten und halten das Stadtbild sauber.

 

DEKOM: Und die Rolle von KI und Apps dabei?

 

Trauth: Auf der Plattform setzen wir auf zwei Schichten: Für die Mitarbeitenden gibt es nutzerfreundliche, mehrsprachige Apps – in Hürth etwa für das Entsorgungspersonal. Darüber hinaus nutzen wir KI, z. B. für intelligente Routenplanung. Die Plattform liefert die Daten – KI und Apps machen daraus handfeste Arbeitsentlastung.

 

DEKOM: Funknetze sind oft ein Kostentreiber. Wie sind Sie in Hürth vorgegangen?

 

Trauth: Wir haben bewusst kein eigenes LoRaWAN aufgebaut, sondern ein bestehendes Bürgernetz ergänzt. Ergebnis: 20 statt 40 Gateways – also die Hälfte der Infrastrukturkosten – bei gleicher Abdeckung. Dieser kollaborative Ansatz spart Capex und beschleunigt den Roll‑out.

 

DEKOM: Hochwasser ist vielerorts ein Dauerstress. Was geht hier mit Datenplattformen?

 

Trauth: Wir kombinieren Regendaten mit Pegelstandsensoren und geben Bürgerinnen und Bürgern in kritischen Zonen eine Vorwarnzeit von rund 30 Minuten. Das reicht, um Keller zu sichern und Schäden zu begrenzen. Ein gerade laufendes Pilotprojekt zeigt wie Daten präventiv wirken können.

 

DEKOM: Wie skalierbar sind solche Lösungen – Pilot bleibt ja oft Pilot?

 

Trauth: Skalierung ist eine Frage der Parametrisierung. Der Hochwasser‑Case ist standortspezifisch. Unsere Mülleimer‑App hingegen lässt sich per Konfiguration – Anzahl Fahrzeuge, Personal, Tourenlogik – in jeder Kommune ausrollen, ohne neu zu entwickeln.

 

DEKOM: Häufig fehlt vor Ort schlicht Expertise – von Sensorik über Netze bis zu Data Science.

 

Trauth: Genau. Kommunen müssen nicht zum IT‑Haus werden. Unsere Plattform ist so offen und standardisiert, dass Drittentwickler via Schnittstellen andocken können – bildlich gesprochen: wie USB. Gleichzeitig liefern wir den operativen Rundum‑Service: Auswahl der Sensoren, Netzbetrieb, Datenplattform, App‑Entwicklung.

 

DEKOM: Ihr Versprechen lautet „vom Sensor zur App“. Was dürfen Kommunen konkret erwarten?

Trauth: Eine Ende‑zu‑Ende‑Lösung: Wir liefern nicht nur die Plattform, sondern den ganzen Weg bis zur anwendbaren App, die reale Probleme löst – von Mülllogistik über Grünflächen bis Bürgerkommunikation.

 

DEKOM: Sie bieten eine kostenlose Testphase an. Warum?

 

Trauth: Um die Hürde zu senken. Neun Monate können Kommunen die Plattform unverbindlich nutzen. Sie beschaffen lediglich die Sensoren. So fällt die Einstiegsinvestition in die IT‑Basis weg – und der Nutzen entscheidet.

 

DEKOM: Closed Source stößt im öffentlichen Umfeld oft auf Skepsis.

 

Trauth: Uns geht es um Stabilität, 24/7‑Zuverlässigkeit und Verantwortlichkeit. Closed Source garantiert klare Haftung, definierte Release‑Zyklen und Support. Open‑Source‑Lösungen können hervorragend sein – sind aber in der Praxis oft fragmentiert und ohne verlässliche Verantwortlichkeiten.

 

DEKOM: Sie argumentieren zudem, dass Open Source in Ausschreibungen nicht nur technische Gründe hat.

 

Trauth: Richtig. Häufig dient es dazu, das komplizierte EU‑Beihilferecht zu umgehen. Ergebnis: Kriterien bevorzugen Open Source – und bessere proprietäre Lösungen verlieren. Wir haben die letzten fünf Ausschreibungen genau aus diesem Grund nicht gewonnen.

 

DEKOM: Wie erreichen Sie Entscheiderinnen und Entscheider, die nicht aus der Technik kommen?

 

Trauth: Wir kommunizieren einfach und bildhaft. Kurze Botschaften, Retro‑Erklärvideos mit „Pixelhelden“. Die Zielgruppe ist oft über 60 und juristisch geprägt – sie braucht Verständlichkeit statt Buzzwords.

 

DEKOM: Verwaltung und Risiko – das ist ein heikles Feld.

 

Trauth: In der Verwaltung muss ein Vorgang zu 100 % korrekt sein. In der Wirtschaft gilt oft die 80/20‑Regel. Aus Angst vor Folgen des Vergaberechts entsteht eine „Cover‑Your‑Ass“-Mentalität. Das bremst Entscheidungen – und damit Innovation.

 

DEKOM: Weitere Einsatzfelder jenseits von Müll und Hochwasser?

 

Trauth: In Dormagen steuern Bodenfeuchtesensoren die Bewässerung von Jungbäumen – das spart Wasser, Kosten und rettet Bäume. In Nettetal und Siegburg setzen wir LLM‑Chatbots mit 38 Sprachen ein. Rund 80 % der Anfragen im Ausländeramt werden automatisiert beantwortet – die Mitarbeitenden spüren die Entlastung sofort.

 

DEKOM: Oft unterstellen Kommunen Großunternehmen mehr Kompetenz als Start‑ups.

 

Trauth: Das erlebe ich häufig. Große Namen genießen Vertrauensvorschuss, auch wenn sie dann nicht liefern – mit teuren Folgen. Innovative, agile Teams werden dadurch ausgebremst, obwohl sie schneller und günstiger Ergebnisse schaffen.

 

DEKOM: Wie belegen Sie Agilität in der Praxis?

 

Trauth: Mit Taten. Proof of Concept in wenigen Wochen. In einer Kommune im Kölner Umland haben wir zwischen Q2 und Q4 Sensorik im Wert von 15.000 Euro aufgebaut – vom Konzept bis zum Wirkbetrieb.

 

DEKOM: Welche Rolle spielt Ihre Medienplattform D‑Com in diesem Kontext?

 

Trauth: D‑Com ist unser „Einfallstor“. Kostenlos, relevant, vertrauensbildend. Sie schafft Reichweite in die Verwaltung hinein – und erleichtert so den Einstieg in unsere Technologieprojekte.

 

DEKOM: Zum Schluss: Wie sollten Kommunen das Thema „urbane Datenplattform“ anpacken?

 

Trauth: Nicht mit einer Einzellösung starten, sondern mit dem Verständnis für die Plattformarchitektur: Wie sammle ich Daten sauber ein, wie sichere ich sie ab, und wie baue ich darauf Apps, die Arbeitsprozesse wirklich verändern? Wer das verinnerlicht, beschleunigt Entscheidungen – nachhaltig.

 

Kurz erklärt: Urbane Datenplattform

Das Betriebssystem der Stadt: bindet Sensorik und Fachsysteme an, verwaltet Daten, regelt Zugriffe und ermöglicht skalierbare Anwendungen – von KI‑Routen bis Bürger‑Warnapps.

 

Über dataMatters

Das Kölner Startup dataMatters, eine Ausgründung der RWTH Aachen, setzt auf die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in reale Anwendungen. Gründer Dr. Daniel Trauth verfolgt mit seinem Unternehmen einen pragmatischen Ansatz: Statt auf Wagniskapital setzt dataMatters auf zufriedene Kunden und konkrete Einsatzgebiete wie Smart Cities, Smart Buildings und IoT-Anwendungen. (DEKOM, 28.10.2025)  Mehr Infos hier…

 

Masterplan Ladeinfrastruktur 2030: Bund setzt auf Kommunen beim E-Mobilitätsausbau

  • 40 Maßnahmen sollen Genehmigungsprozesse vereinfachen und Investitionen beschleunigen
  • Länder und Kommunen werden eng in Umsetzung eingebunden

Das Bundesverkehrsministerium hat den Entwurf des Masterplans Ladeinfrastruktur 2030 vorgelegt und zur Verbändebeteiligung freigegeben. Die neue Strategie umfasst rund 40 Maßnahmen in fünf Handlungsfeldern und soll den Weg zu einem flächendeckenden, bedarfsgerechten Ladenetz für Elektrofahrzeuge ebnen. Ein Kabinettsbeschluss wird noch für Herbst 2025 angestrebt. „Wer laden will, muss laden können!“, fasst Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder das Ziel zusammen. Dieses könne nur gemeinsam mit Ländern, Kommunen, Unternehmen und Investoren erreicht werden. Die kommunale Ebene spielt dabei eine Schlüsselrolle, da vor Ort über Standorte, Genehmigungen und die konkrete Umsetzung entschieden wird. Der Masterplan konzentriert sich auf fünf zentrale Bereiche: Die Stärkung von Nachfrage und Investitionen, die Vereinfachung und Beschleunigung der Umsetzung, die Erhöhung von Wettbewerb und Preistransparenz, die bessere Integration ins Stromnetz sowie die Steigerung von Nutzerfreundlichkeit und Innovation. Besonders relevant für Kommunen sind die geplanten Vereinfachungen bei Genehmigungsprozessen. Diese sollen deutlich beschleunigt werden, um den Ausbau der Ladeinfrastruktur voranzutreiben. Gleichzeitig müssen lokale Stromnetze für die zusätzlichen Anforderungen ertüchtigt werden – eine Herausforderung, die Stadtwerke und kommunale Energieversorger direkt betrifft. Das Ministerium hat bereits im Juni 2025 das Expertenforum klimafreundliche Mobilität und Infrastruktur (EKMI) gegründet, in dem Vertreter aus Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft die Anforderungen an die künftige Ladeinfrastruktur diskutieren. Diese Expertise ist in den jetzt vorliegenden Entwurf eingeflossen. Der Masterplan adressiert sowohl die Bedürfnisse von Pkw als auch von Nutzfahrzeugen wie Lkw und Bussen. Gerade im ÖPNV-Bereich, wo viele Kommunen ihre Flotten auf Elektroantrieb umstellen, ist eine verlässliche Ladeinfrastruktur essentiell. Nach Auswertung der Rückmeldungen aus der Verbändeanhörung und der Ressortabstimmung soll der finalisierte Masterplan noch im Herbst 2025 vom Bundeskabinett beschlossen werden. Die Umsetzung der Maßnahmen könnte dann zeitnah beginnen. Für Kommunen bedeutet der Masterplan sowohl Chancen als auch Herausforderungen: Einerseits winken Investitionen und vereinfachte Verfahren, andererseits müssen lokale Planungsprozesse angepasst und die notwendige Infrastruktur geschaffen werden. Der Erfolg der E-Mobilitätswende wird maßgeblich davon abhängen, wie gut die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen funktioniert. Der Entwurf des Masterplans steht auf der Website des Bundesverkehrsministeriums zur Verfügung und kann hier runtergeladen werden. (BMV, 20.10.2025) Ganzer Artikel hier…

 

Kommunale Leistungsfähigkeit als Maßstab Europas – David McAllister im DEKOM-Interview

Der EU-Beitrittsprozess Bosnien und Herzegowinas verdeutlicht, dass funktionierende Verwaltungen und lokale Stabilität über den Erfolg europäischer Integration entscheiden. Kommunen in ganz Europa stehen vor ähnlichen Herausforderungen: funktionierende Verwaltungen, verlässliche Institutionen und das Vertrauen der Bürger in staatliches Handeln zu sichern. Genau darum geht es auch im Westbalkan – dort allerdings unter weit schwierigeren Bedingungen. Der EU-Beitrittsprozess Bosnien und Herzegowinas ist damit weit mehr als Außenpolitik: Er ist ein Lackmustest dafür, wie tief europäische Werte von Rechtsstaatlichkeit, Transparenz und lokaler Selbstverwaltung tatsächlich verankert sind. Zwei Jahre nach unserem letzten Gespräch bewertet David McAllister MdEP, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Europäischen Parlaments, im zweiteiligen DEKOM-Interview den Stand der Dinge – und erklärt, warum der Fortschritt in Sarajevo auch für kommunale Akteure in der EU von Bedeutung ist. Im ersten Teil analysiert er die geopolitische Lage, den Stand der Reformen und die Glaubwürdigkeit der EU-Erweiterungspolitik.

 

DEKOM: Herr McAllister, fast zwei Jahre nach unserem letzten Gespräch haben Beobachter zunehmend den Eindruck, der EU-Beitrittsprozess Bosnien und Herzegowinas sei ins Stocken geraten. Die Beitritts-verhandlungen haben noch immer nicht begonnen. Täuscht dieser Eindruck, oder wird der Westbalkan tatsächlich von anderen geopolitischen Krisen überlagert – sei es der Krieg in Gaza, die anhaltende Ukraine-Krise, Handelskonflikte oder auch innenpolitische Entwicklungen in EU-Staaten wie der Wahlsieg europaskeptischer Kräfte in der Slowakei?

 

McAllister: Der Europäische Rat hat am 15. Dezember 2022 die Eröffnung von Beitrittsverhandlungen mit Bosnien und Herzegowina beschlossen. Das war ein wichtiger Schritt, der die europäische Perspektive des Landes bestätigt.

 

Natürlich steht die Europäische Union derzeit vor einer Vielzahl geopolitischer Herausforderungen – von der anhaltenden russischen Aggression gegen die Ukraine über Spannungen im Nahen Osten bis hin zu handelspolitischen Konflikten. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Erweiterungspolitik allerdings wieder ganz oben auf die politische Agenda gerückt. Denn es zeigt sich, dass Stabilität, Rechtsstaatlichkeit und demokratische Strukturen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft eine Frage europäischer Sicherheit sind.

 

Die EU unterstützt weiterhin tatkräftig Bosnien und Herzegowina. Dabei müssen insbesondere die Reformfortschritte, die politische Stabilität und die Bedeutung der europäischen Perspektive als verbindende Kraft für alle Bevölkerungsgruppen im Vordergrund stehen. Der weite Weg Bosnien-Herzegowinas kann nur durch glaubwürdige Reformen und durch die Bewahrung der territorialen Integrität in die EU führen. Es liegt an den politischen Akteuren vor Ort, alle notwendigen Reformen konsequent umzusetzen.

 

DEKOM: Damals sprachen Sie von einer positiven Dynamik und der Liste mit 14 Prioritäten, die BIH erfüllen muss. Wo steht das Land heute konkret bei der Umsetzung dieser Kriterien? Gibt es Bereiche, in denen Sie deutliche Fortschritte sehen – und welche der 14 Punkte erweisen sich als besonders hartnäckige Hindernisse?

 

McAllister: In den vergangenen zwei Jahren hat Bosnien und Herzegowina wichtige Fortschritte erzielt. Dennoch bleibt der Reformprozess weiterhin unvollständig. Es wurden mehrere zentrale Gesetze verabschiedet – etwa zur Grenzkontrolle und oder zum Datenschutz. Das Land steuert damit auf europäische Standards zu. Auch die Annahme einer nationalen Anti-Korruptionsstrategie für den Zeitraum 2024 bis 2028 sowie der zugehörige Aktionsplan belegen eine grundsätzliche Reformbereitschaft.

 

Eine der 14 Prioritäten der Europäischen Kommission ist erfüllt: die kontinuierliche und konstruktive Arbeit im parlamentarischen Stabilisierungs- und Assoziierungsausschuss zwischen der EU und Bosnien und Herzegowina. Das sichert die aktive Einbindung auf parlamentarischer Ebene.

 

Das Europäische Parlament hat in seiner jüngsten Entschließung im Juli fortbestehende Schwächen benannt, insbesondere mit Blick auf Rechtsstaatlichkeit und institutionelle Koordination. Dringend geboten ist ein neues Gesetz über die Gerichte sowie über den Hohen Justiz- und Staatsanwaltsrat. Beide müssen vollständig im Einklang mit den Empfehlungen der Venedig-Kommission sein. Nur so kann eine unabhängige, transparente und effiziente nationale Justiz gewährleistet werden.

 

Hinzu kommen weitere Reformfelder: Das Gesetz über Interessenkonflikte wurde zwar angenommen, entspricht aber noch nicht in allen Punkten den europäischen Standards. Fortschritte gibt es beim Kampf gegen die Korruption und bei der Zusammenarbeit mit der Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Eurojust). Doch das Vorgehen gegen organisierte Kriminalität bleibt herausfordernd. Auch die Reform der öffentlichen Verwaltung, den Staatsdienst zu entpolitisieren und die Meinungs- und Medienfreiheit zu stärken sind für den weiteren EU-Kurs entscheidend.

 

Ein besonders hartnäckiges Hindernis bleibt die fehlende Einigung über Verfassungs- und Wahlrechtsreformen. Das Europäische Parlament hat klar hervorgehoben, dass diese Reformen im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention stehen müssen, um Diskriminierung im Wahlprozess zu beenden und die Gleichheit aller Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. Die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des bosnischen Verfassungsgerichts müssen umgesetzt werden. Gleichzeitig gilt es, die im März 2024 eingeführten Integritätsstandards im Wahlgesetz konsequent umzusetzen, um das Vertrauen in die Wahlen wiederherzustellen.

 

DEKOM: Sie haben 2023 selbstkritisch eingeräumt, dass die EU durch ihre ‚zögerliche Haltung‘ an Glaubwürdigkeit auf dem Westbalkan verloren hat. Hat sich daran etwas geändert? Und wie begegnen Sie der wachsenden Frustration in der Region, dass das ‚Versprechen von Thessaloniki‘ von 2003 nach über 20 Jahren noch immer nicht eingelöst ist?

 

McAllister: Die Erweiterungspolitik ist eines der wirksamsten außenpolitischen Instrumente der Europäischen Union – und zugleich eine geostrategische Investition in Frieden, Demokratie und Stabilität auf unserem Kontinent. Das „Versprechen von Thessaloniki“ gilt fort und es wird Schritt für Schritt mit Leben gefüllt. Zugleich ist die EU-Erweiterung weder Automatismus noch Symbolpolitik. Sie beruht auf klaren Kriterien, auf Reformen, auf Rechtsstaatlichkeit und auf demokratischer Reife. Fortschritt wird nach Leistung gemessen, nicht nach politischer Rhetorik.

 

Gleichzeitig muss sich auch die Europäische Union selbst auf eine neue Erweiterungsrunde vorbereiten – institutionell, finanziell und politisch. Nur wenn die EU ihre internen Entscheidungsprozesse effizienter gestaltet und ihre Strukturen modernisiert, kann eine weitere Erweiterung glaubhaft und nachhaltig gelingen. Mehr als 20 Jahre nach Thessaloniki erwarten die Menschen in den Beitrittsländern sichtbare Fortschritte. Doch der Weg der europäischen Integration ist kein rein technischer, sondern ein tiefgreifender politischer und gesellschaftlicher Transformationsprozess.

 

DEKOM: Können Sie uns einen realistischen zeitlichen Horizont nennen? Wann rechnen Sie frühestens mit dem tatsächlichen Beginn der Beitrittsverhandlungen mit Bosnien und Herzegowina – und unter welchen Voraussetzungen könnte dieser Startschuss noch 2025 oder 2026 fallen?

 

McAllister: Der „zeitliche Horizont“ des EU-Beitritts hängt allein davon ab, wann Bosnien und Herzegowina die noch offenen Bedingungen erfüllt. Die Beschlüsse des Rates sind eindeutig: Sobald die Empfehlungen der Europäischen Kommission – insbesondere im Hinblick auf Justizreform, Korruptionsbekämpfung und institutioneller Koordination – umgesetzt sind, kann der Rat den Verhandlungsrahmen annehmen und die erste Regierungskonferenz einberufen.

 

Dafür müssen allerdings wesentliche Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehört die Verabschiedung eines neuen Gerichts- und Justizgesetzes, die vollständige Umsetzung der Gesetze zu Interessenkonflikten und öffentlicher Verwaltung sowie die Ernennung eines Chefverhandlers, der die Beitrittsverhandlungen auf bosnischer Seite koordiniert. Wann dies gelingt, hängt vom echten politischen Willen in Sarajevo ab. Die EU steht bereit. Doch wir erwarten, dass alle Akteure konstruktiv zusammenarbeiten und die Reformagenda mit Nachdruck umsetzen.

 

DEKOM: Vielen Dank!

Im zweiten Teil unseres Interviews, der in der kommenden Ausgabe erscheint, spricht David McAllister über die konkreten nächsten Schritte im Beitrittsprozess, die Stimmung in der bosnisch-herzegowinischen Bevölkerung und bewertet das Agieren der politisch Verantwortlichen in Sarajevo – einschließlich der kritischen Situation in der Republika Srpska. (DEKOM, 28.10.2025)

 

Zur Person

David McAllister ist CDU-Politiker und seit 2014 Mitglied des Europäischen Parlaments sowie seit 2017 Vorsitzender des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten. Er war von 2010 bis 2013 Ministerpräsident von Niedersachsen und zuvor kommunalpolitisch aktiv, unter anderem als Bürgermeister von Bad Bederkesa (2001-2002). (DEKOM, 28.10.2025) Mehr Infos zu David McAllister hier…

 

Kommunen: Soziales und Verwaltung verschlingen 60 Prozent des Budgets

Städte und Gemeinden in Deutschland geben immer mehr Geld für Soziales und Verwaltung aus. Für Investitionen bleibt immer weniger übrig, zeigen neue Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Dafür verantwortlich sind vor allem Bund und Länder. Deutschlands Städte und Gemeinden müssen heute deutlich mehr Geld für soziale Leistungen und Verwaltung aufbringen als früher. Eine IW-Studie zeigt, dass der Anteil der Sozialausgaben – etwa für Kinderbetreuung und Sozialhilfe – von 25 Prozent (1992) auf fast 38 Prozent (2022) gestiegen ist. Auch die Verwaltungskosten legten stark zu und machen inzwischen rund 20 Prozent des kommunalen Budgets aus. Gleichzeitig ist der Anteil für Infrastrukturmaßnahmen wie Straßenbau, Abwasser- und Müllentsorgung von 34 Prozent auf nur noch 20 Prozent gesunken. Oft gilt: Der Bund bestimmt, die Kommunen müssen zahlen. Und der Bund verlangt den Kommunen finanziell einiges ab – etwa durch den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung oder höhere Leistungen in der Sozialhilfe. Das zeigt sich deutlich bei den inflationsbereinigten Ausgaben pro Einwohner: Zwischen 1992 und 2022 stiegen die Kosten für Soziales und Jugend von 759 auf 1.675 Euro – ein Bereich, in dem die Kommunen wenig Mitspracherecht haben. Die Verwaltungskosten haben sich in den vergangenen drei Jahrzehnten zudem mehr als verdoppelt und sind von 375 auf 923 Euro gestiegen. Für Aufgaben, bei denen die Kommunen selbst entscheiden können – etwa beim Straßen- oder Wohnungsbau – bleibt kaum Geld übrig. 2022 floss nur jeder fünfte Euro in entsprechende Projekte, 1992 war es noch jeder dritte. Auch die Sachinvestitionen sind zurückgegangen: Ihr Anteil sank von 21 auf 12 Prozent. Der Investitionsstau steigt damit weiter an. Zugleich erreichte das Defizit der Kommunen im Jahr 2024 mit knapp 25 Milliarden Euro einen neuen Rekord. „Die Bürger zahlen den Ausbau der Sozialleistungen der vergangenen Jahrzehnte heute mit kaputten Straßen und maroden Schulen“, sagt IW-Finanzexperte Björn Kauder. Der Bund und die Länder müssten die Kommunen finanziell so ausstatten, dass Investitionen nicht auf der Strecke bleiben. Gleichzeitig gebe es in den Städten und Gemeinden erhebliches Sparpotenzial, vor allem durch eine effizientere Verwaltung. (IW Köln, 24.10.20325) Ganzer Artikel hier…

 

Gutachten spricht für Neuordnung der Gemeindefinanzen

Eine neue Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) analysiert die gegenwärtige Finanzsituation der Kommunen und beschreibt Wege aus der finanziellen Schieflage. Marode Schulen, ausgedünnter Nahverkehr, fehlende Kitaplätze – vielerorts geraten Kommunen bei der öffentlichen Daseinsvorsorge an ihre Grenzen. Eine neue Studie, die das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) erstellt hat, zeigt: Die Finanzlage vieler Städte, Landkreise und Gemeinden in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschärft. Hauptursachen sind eine strukturelle Unterfinanzierung, steigende Sozialausgaben und ein unübersichtliches Angebot an Förderprogrammen. Insgesamt erschwert dies auch Investitionen. „Kommunen sind das Fundament unserer Demokratie. Ohne ausreichende finanzielle Mittel können sie ihre Aufgaben in den Bereichen Bildung, sozialer Teilhabe und Klimaschutz nicht erfüllen“, betont Dr. Christian Raffer, Studienautor und wissenschaftlicher Projektleiter am Difu. Die neue Difu-Studie „Kommunale Grundfinanzierung“ zeigt, dass die Einnahmenbasis vieler Kommunen im Verhältnis zu ihren Verpflichtungen auf der Ausgabenseite zu gering ist – und die Unterschiede zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen weiterwachsen. Insbesondere fehlt es vielerorts an den Mitteln für dringend notwendige Investitionen. Ohne grundlegende Reformen droht jedoch eine zunehmende Verschärfung – mit negativen Folgen für gleichwertige Lebensverhältnisse und den sozialen Zusammenhalt. Zudem bremst die Unterfinanzierung zentrale Zukunftsaufgaben: „Fehlen den Kommunen Mittel für Investitionen, geraten auch die sozialökologische Transformation und das Erreichen des Ziels der Klimaneutralität bis 2045 ins Stocken“, warnt Studienautor und Teamleiter Dr. Henrik Scheller vom Difu.  Dies umfasse etwa Investitionen in klimaneutrale Sportstätten oder Verwaltungsgebäude. Das Gutachten empfiehlt eine grundlegende Neuordnung der kommunalen Finanzen. Kurzfristig sollten der Bund und die Länder insbesondere weitere Sozialausgaben übernehmen, um finanzschwache Kommunen gezielt zu entlasten, eine bundesweite Lösung für kommunale Altschulden schaffen sowie das Förderwesen vereinfachen und digitalisieren, um Verwaltungsaufwand zu reduzieren und Investitionen zu beschleunigen. Auch das neue Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ sollte die Bedarfe der Kommunen berücksichtigen und darüber hinaus kleinen und finanzschwachen Kommunen keine unverhältnismäßige bürokratische Last aufbürden. Langfristig plädieren die Autoren für strukturelle Reformen des Gemeindefinanzsystems. Diese beinhalten beispielsweise eine Weiterentwicklung der Gewerbesteuer zu einer Wertschöpfungssteuer, eine gerechtere Verteilung der Gemeinschaftssteuern zugunsten der Kommunen und eine Harmonisierung der kommunalen Finanzausgleichssysteme zwischen den Bundesländern. (Difu, 23.10.2025) Ganzer Artikel hier…

 

Seniorenunfälle: Überwiegend akute medizinische Notfälle

Entgegen der vorherrschenden Meinung, sind von Senioren verursachte Unfälle mit Verletzten und Getöteten nicht nur auf kognitive Defizite zurückzuführen, sondern sogar überwiegend auf akute medizinische Ereignisse oder Notfälle. Das ist das wesentliche Ergebnis einer in Berlin vorgestellten Studie der Unfallforschung der Björn Steiger Stiftung. „Je älter der Verursacher des Unfalls, umso häufiger sind körperliche und geistige Mängel die Ursache“, sagt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung. Im Detail habe die Studie, Schwindel, Unwohlsein, Krämpfe, Ohnmachtsanfälle bis hin zu lebensbedrohlichen Ereignissen, wie Herzinfarkt oder Schlaganfall in erheblichem Ausmaß gefunden. Verpflichtende Gesundheitstests machten nach Aussagen Brockmanns gleichwohl keinen Sinn, da sich in den meisten Fällen diese Ereignisse schwer oder gar nicht vorhersagen lassen. Insofern sei es auch richtig, dass die EU keine Gesundheitstests vorschreibe. Die Forscher hatten für die Studie die Unfalldaten von 230.000 polizeilich aufgenommen Unfällen detailliert untersucht. Anhand der neuesten Mobilitätsdaten konnten sie auch erstmals die verursachten Unfälle mit Personenschaden fahrleistungsbezogen für das Jahr 2024 neu berechnen. Danach ist das Risiko, einen solchen Unfall zu verursachen, beinahe genauso hoch, wie in der Hochrisikogruppe der Fahrer zwischen 18 und 24 Jahren. Brockmann sieht für die Früherkennung die Hausärzte in einer Schlüsselstellung. Mit Hilfe eines noch zu entwickelnden Frage- und Untersuchungsverfahrens könnten zumindest problematische Fälle besser identifiziert und optimal medikamentös eingestellt werden. Allerdings sei dies zeitlich aufwendig und erfordere daher eine angemessene Vergütung.  Dies helfe jedoch nichts, wenn die Patienten ihre Medikation nicht befolgen. Gute Dienste könnten sogenannte „wearables“ leisten, die heute schon dauerhaft den Blutdruck und einfache Parameter messen und sogar auf Knopfdruck ein einfaches EKG erstellen können. In unvermittelt auftretenden Situationen während der Fahrt nütze das allerdings nichts. Hier machten Bemühungen einzelner Fahrzeughersteller Hoffnung, die KI-gestützt Fahrdaten, Augenbewegungen und per Lenkradsensor abgenommene Parameter so verschneiden können, dass kritische Situationen nicht nur erkannt werden, sondern das Fahrzeug auch automatisch zum sicheren Stillstand geführt wird. Brockmann forderte angesichts des enormen Potentials alle Hersteller auf, diese Technik rasch in Serie zu bringen. Auf die kognitiven Defizite als Unfallursache bezogen sagte Brockmann, dass Senioren diese Defizite oft sehr gut durch angepasstes Fahrverhalten kompensieren könnten. Gleichwohl seien sogenannte Rückmeldefahrten oder Fahrfitnesschecks vor allem zur Selbsterkenntnis zu empfehlen. Da kognitive Defizite aber nach der vorgelegten Studie nur einen Teil des Problems darstellten, fehle die Grundlage für eine Verpflichtung dazu. (Björn Steiger Stiftung, 28.10.2025) Ganzer Artikel hier…

 

Marode Infrastruktur bremst Wirtschaft stärker denn je

84 Prozent der deutschen Unternehmen sehen in der schlechten Verkehrsinfrastruktur eine wirtschaftliche Belastung, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Mittel aus dem Sondervermögen könnten helfen – wenn sie tatsächlich in Straßen und Schienen investiert werden. Die marode Verkehrsinfrastruktur belastet die Unternehmen in Deutschland aktuell so stark wie noch nie. 84 Prozent der Firmen sehen sich durch die mangelhafte Verkehrsinfrastruktur in ihrer Geschäftstätigkeit regelmäßig beeinträchtigt – ein neuer Rekordwert. 2018 waren es 67 Prozent, 2013 nur 59 Prozent der Unternehmen. Mehr als jedes vierte Unternehmen fühlt sich aktuell sogar stark belastet. Das geht aus einer IW-Unternehmensumfrage hervor. Der Straßenverkehr ist das größte Problem: 92 Prozent der Unternehmen, die sich durch Infrastrukturmängel eingeschränkt fühlen, nennen Straßenmängel als eine der Ursachen. Im Jahr 2013 waren es 64 Prozent. Auch der Schienenverkehr bereitet zunehmend Sorgen: 71 Prozent der betroffenen Unternehmen betrachten ihn als Standortproblem. Mehr als die Hälfte von ihnen berichtet sogar von erheblichen Einschränkungen. Seit 2013 hat sich dieser Wert verachtfacht. Von Problemen im Luft- bzw. Schiffsverkehr sind jeweils knapp 34 Prozent der Unternehmen betroffen. „Grundsätzlich ist das Sondervermögen der Bundesregierung ein geeignetes Mittel, um die Verkehrsinfrastruktur zu verbessern“, sagt IW-Experte Thomas Puls. Doch die Milliarden dürften nicht dazu verwendet werden, Löcher in den Sozialkassen zu stopfen. So sollen im Jahr 2026 etwa 19 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen in den Schienenverkehr fließen, allerdings werden gleichzeitig fast 14 Milliarden Euro aus dem Kernhaushalt gestrichen. „Die Verkehrsinfrastruktur ist ein Bremsklotz für die deutsche Wirtschaft geworden. Das Geld muss auch dort ankommen, wo es gebraucht wird. Sonst verpassen wir den Anschluss“ mahnt Puls. (IW Köln, 23.10.2025) Ganzer Artikel hier…