Dr. Christian Becker zum Abschied aus dem Vorstand der STAWAG

Zum Jahreswechsel 2025/26 scheidet Dr.-Ing. Christian Becker nach fast zwei Jahrzehnten aus dem Vorstand der STAWAG aus. Er hat das Aachener Stadtwerk fachlich wie strategisch geprägt – von der erneuerbaren Erzeugung über die Wärmewende bis hin zu Elektromobilität und vom Stadtwerk zum Regionalversorger. Ganz verabschiedet sich Becker jedoch nicht aus der Energiewirtschaft: Als Aufsichtsratsmitglied der Trianel GmbH bleibt er einer der einflussreichsten Köpfe im Stadtwerkeverbund.

DEKOM: Herr Dr. Becker, Sie verabschieden sich nach langen Jahren aus dem Vorstand der STAWAG. Wenn Sie auf die vergangenen 18 Jahre blicken – was war für Sie prägend, und was bleibt ganz persönlich haften?

Becker: Die STAWAG hat in diesen Jahren einen fundamentalen Wandel erlebt – und diesen Wandel haben wir bewusst und konsequent gestaltet. Wir haben das Unternehmen technologischem wie organisatorischem Umbau unterzogen, erneuerbare Energien massiv ausgebaut, neue Mobilitätsangebote entwickelt und die Wärmeversorgung grundsätzlich neu gedacht. Was bleibt? Vor allem die Erfahrung, dass man in der Energiewirtschaft nur vorankommt, wenn man früh mutige Entscheidungen trifft und gleichzeitig verlässlich für die Menschen bleibt. Diese Balance aus Innovation und Verantwortung war für mich persönlich der rote Faden.

DEKOM: Ein zentrales Feld war die Wärmewende. Aachen will die Fernwärme bis 2030 vollständig von der Kohle entkoppeln. Wie weit ist die STAWAG – und was sehen Sie als wichtigste Meilensteine davon?

Becker: Wir haben die Fernwärme strategisch neu aufgestellt, mit einem klaren Ziel: verlässliche, klimafreundliche Wärme. Dazu gehören Auskopplung aus der Müllverbrennung, moderne KWK-Anlagen, die Nutzung neuer Wärmequellen, der Ausbau der Netze und – ganz entscheidend – die Tiefengeothermie. Die seismischen Untersuchungen, die wir gemeinsam mit Fraunhofer IEG durchführen und über die das Land NRW und die NRW.BANK significant fördern, bilden die Basis für einen möglichen Technologiesprung. Wenn wir geothermische Wärme in nennenswertem Umfang erschließen können, wäre das für Aachen ein langfristiger Game Changer. Die Wärmewende ist kein einzelnes Projekt, sondern ein Systemumbau. Dass wir ihn auf eine solide Grundlage gestellt haben, war mir immer besonders wichtig.

DEKOM: Die Elektromobilität in Aachen hat in den vergangenen Jahren spürbar Fahrt aufgenommen. Welche Rolle spielte die STAWAG – und welche Strukturen haben Sie geschaffen?

Becker: Wir haben die Ladeinfrastruktur in Aachen und der Region entscheidend geprägt. Das betrifft öffentliche Ladepunkte genauso wie Schnellladeparks, Quartiersprojekte und Angebote für das Laden zu Hause. Seit 2009 engagieren wir uns für öffentliche Ladeinfrastruktur: Die Stadt Aachen gehört zu den Städten mit der höchsten Dichte an Ladepunkten. Dabei bleiben wir nicht stehen und legen auch in der Region ordentlich zu. Knapp 140 Standorte haben wir schon, davon sind bereits sechs Stationen mit der ultraschnellen HPC-Technik ausgestattet.  Wichtig war mir immer, gemeinsam mit der Stadt klare Planungsvorgaben zu entwickeln und die Infrastruktur nicht dem Zufall zu überlassen. Als Leiter der regionalen Infrastruktur-Arbeitsgruppe habe ich diesen Prozess eng begleitet und daran mitgearbeitet, dass Elektromobilität planbarer und verlässlicher wird. Die nächsten Jahre werden durch Skalierung, höhere Leistungen und mehr Netzintegration geprägt sein. Dafür ist die Basis gelegt.

DEKOM: Mit Ihrem Ausscheiden übernimmt Alexandra Genten den Vorstand. Gleichzeitig bleiben Sie als Aufsichtsratsmitglied der Trianel GmbH in einer wichtigen Funktion der Stadtwerke-Landschaft aktiv. Wie bewerten Sie diesen Übergang – und welchen Ausblick geben Sie mit auf den Weg?

Becker: Ich halte es für ein sehr gutes Zeichen, dass die STAWAG ihre neue Spitze aus den eigenen Reihen beruft. Alexandra Genten kennt das Unternehmen, die Projekte, die Belegschaft und die strategischen Leitlinien. Kontinuität ist gerade jetzt, mitten in der größten Umbruchsphase der Branche, von zentraler Bedeutung. Ich selbst werde der Branche in einer anderen Rolle erhalten bleiben: Als Aufsichtsratsmitglied von Trianel begleite ich weiterhin wichtige Themen im Stadtwerkeverbund – von erneuerbarer Erzeugung über Trading bis hin zu Kooperationen und neuen Geschäftsmodellen. Die Herausforderungen der kommenden Jahre – Wärmewende, Wasserstoff, Digitalisierung, Netzausbau – bleiben anspruchsvoll, aber die STAWAG ist dafür gut gerüstet. Ich wünsche meiner Nachfolgerin und meinem Vorstandskollegen und allen Kolleginnen und Kollegen den Mut, den Kurs weiterzugehen, und die Freiheit, eigene Schwerpunkte zu setzen.

DEKOM: Vielen Dank!

Mit dem Ausscheiden von Dr. Christian Becker verliert die STAWAG einen Vorstand, der die Energiewende in Aachen fachlich wie strategisch geprägt hat. Viele seiner Projekte – Geothermie gestutzte Wärme, ein regionaler Wasserstoffansatz, Ladeinfrastruktur und erneuerbare Erzeugung – werden die Stadtwerke in den kommenden Jahren weiter begleiten. Als Aufsichtsratsvorsitzender von Trianel bleibt Becker der Stadtwerke-Familie aber weiterhin verbunden. (DEKOM/STAWAG, 15.12.2025) Ganzer Artikel hier…

 „Zur Person“

Dr.-Ing. Christian Becker
• Promovierter Elektrotechnik-Ingenieur
• Einstieg 1991 bei Kienbaum, anschließend Führungsaufgaben bei Ruhrgas
• Geschäftsführer ENETKO und Trianel European Energy Trading
• 2005–2007: Vorsitzender der Geschäftsführung Stadtwerke Solingen
• Seit 1.12.2007: Vorstand der STAWAG, später Vorstandsvorsitzender
• Geschäftsführer der E.V.A. Aachen
• Seit 1.1.2024: Aufsichtsratsvorsitzender der Trianel GmbH
• Ausscheiden aus dem STAWAG-Vorstand zum Jahreswechsel 2025/26

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