IWD: So beeinflusst das Klima die Wirtschaft

Extreme Wetterereignisse können immense Schäden verursachen. Da Hitzewellen, Überschwemmungen, Waldbrände und Starkregen in Zukunft möglicherweise häufiger auftreten werden, befasst sich auch die Konjunkturforschung mit dem Klima. Alle reden übers Wetter, sogar die Konjunkturforscher. Ist den Ökonomen etwa der Gesprächsstoff ausgegangen? Nein. Angesichts gehäuft auftretender Extremwetterereignisse haben sie festgestellt, dass nicht nur die klassischen Konjunkturindikatoren wie Arbeitslosenquote, Verbraucherpreise oder Bruttoanlageinvestitionen für ihre Prognosen eine Rolle spielen, sondern auch Dürren, Flutkatastrophen, Waldbrände oder Starkregen die Konjunktur kurzfristig beeinflussen können. Da extreme Wetterphänomene aufgrund des Klimawandels künftig voraussichtlich nicht nur häufiger vorkommen, sondern auch heftiger ausfallen, werden die kurz- und mittelfristigen Wettervorhersagen für Konjunkturprognosen relevanter: Es gibt viele Varianten, wie Klimaereignisse die wirtschaftliche Entwicklung einer Region oder eines Landes tangieren können. So kann ein Extremwetterereignis eine oder mehrere dieser Folgen haben: Es kann den Gesundheitszustand, den Arbeitseinsatz und die Arbeitsproduktivität von Menschen beeinträchtigen. So steigt das Krankheits- und Sterberisiko durch Hitzewellen oder durch Luftverschmutzung, wie sie während und nach Waldbränden auftritt. Hitzewellen beeinträchtigen vor allem Arbeitnehmer, die im Freien arbeiten. Sie brauchen bei extrem hohen Temperaturen mehr Pausen: Tage mit mehr als 30 Grad Celsius gab es in den vergangenen 15 Jahren im Schnitt dreimal so häufig wie im Durchschnitt des Zeitraums von Anfang der 1950er Jahre bis Ende der 1980er Jahre. Klimaereignisse können die Energieproduktion und -versorgung destabilisieren. So steigt bei Hitzewellen der Energieverbrauch, denn Wohn- und Bürogebäude, Kliniken und Industrieanlagen müssen gekühlt werden. Zudem können die Energieproduktion und die Energieversorgung selbst beeinträchtigt sein, weil beispielsweise hohe Luft- und Wassertemperaturen die Kühlkapazitäten von Kraftwerken senken oder Kraftwerke und Übertragungsinfrastrukturen durch Überschwemmungen oder Waldbrände beschädigt oder zerstört worden sind. Lange ausbleibende Niederschläge können ebenso wie lang anhaltender Starkregen zu Produktions- und Ernteausfällen in der Land- und Tierwirtschaft führen. Zudem können extreme Wetterereignisse Probleme oder höhere Kosten bei der Einlagerung von Nahrungsmitteln verursachen. Die Preise für Agrargüter haben in den vergangenen Jahren weltweit ein historisch hohes Niveau erreicht. Die Bau- und Fortwirtschaft, die Gastronomie und der Tourismus sowie die Papier- und Chemieindustrie sind Wirtschaftssektoren, die besonders stark von Witterungsbedingungen abhängig sind. In der Chemie- und Bauindustrie lassen sich beispielsweise bei besonders hohen Temperaturen bestimmte Materialien nicht wie üblich verarbeiten. Produktionsabläufe und Geschäftsmodelle werden auch bei länger anhaltendem Niedrigwasser der Flüsse gestört, wenn es zu Einschränkungen des Schiffsverkehrs kommt und Binnenschiffe weniger oder keine Güter mehr transportieren können. Kritische Infrastrukturen wie Elektrizitäts- und Wasserwerke, Informations- und Kommunikationsnetze oder der öffentliche Nahverkehr funktionieren bei extremen Wetterereignissen möglicherweise nicht wie gewohnt. So können Überschwemmungen oder Erdrutsche Eisenbahnlinien und den Straßenverkehr lahmlegen – und das über längere Zeit. Beispielsweise hat der Wiederaufbau der sogenannten Eifelstrecke zwischen Gerolstein und Köln – die Bahnverbindung wurde durch die Flutkatastrophe 2021 zerstört – vier Jahre gedauert: Extremwetterereignisse beeinflussen auch die Staatsfinanzen: So gehen wegen eingeschränkter Wirtschaftstätigkeit im Krisengebiet die Steuereinnahmen zurück. Im Gegenzug steigen die Staatsausgaben, da beschädigte staatliche Infrastrukturen mit Steuergeldern renoviert oder wieder aufgebaut werden und eventuell Unterstützungs- und Hilfszahlungen an betroffene Unternehmen und Haushalte geleistet werden. Besonders hoch waren die Schäden durch klima- und wetterbezogene Ereignisse in Deutschland in den Jahren 2002, 2013 und 2021. Allein die Flutkatastrophe von Juli 2021 verursachte Kosten in Höhe von knapp 39 Milliarden Euro. Natürlich gab es in der Geschichte der Menschheit schon immer Naturkatastrophen und Klimaschocks. Doch da extreme Wetterphänomene aufgrund des Klimawandels künftig voraussichtlich nicht nur häufiger vorkommen, sondern auch heftiger ausfallen, werden die kurz- und mittelfristigen Wettervorhersagen für Konjunkturprognosen relevanter. Besonders knifflig wird das Erstellen einer Prognose, wenn häufiger auftretende Klimaereignisse anderweitige bereits bestehende Konjunkturrisiken – wie etwa geopolitische Konflikte – verstärken sollten. (IWD, 17.07.2025) Ganzer Artikel hier…

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