Personalengpässe bremsen Kommunale Wärmeplanung – Schleswig-Holstein bündelt Ressourcen

Die Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung stößt bundesweit auf erhebliche Kapazitätsprobleme. Während über 11.000 Kommunen bis 2028 verpflichtende Wärmepläne erstellen müssen, fehlen qualifizierte Planungsbüros und Fachkräfte. Eine aktuelle Fraunhofer-Studie des Exzellenzclusters „Integrierte Energiesysteme“ bestätigt nach einer Befragung von 267 kommunalen Akteuren: Die mangelnde Verfügbarkeit qualifizierten Personals ist das größte Hindernis für eine erfolgreiche Wärmewende auf kommunaler Ebene. Die Marktsituation spitzt sich zu. In Schleswig-Holstein konkurrieren 1.104 Gemeinden um die Dienstleistungen einer recht überschaubaren Zahl spezialisierter Ingenieurbüros. Wartezeiten von über 18 Monaten sind keine Seltenheit. Gleichzeitig steigen die Planungskosten deutlich: Die KWW-Kommunenbefragung 2024 weist eine Kostensteigerung von durchschnittlich 2,92 Euro pro Einwohner in 2023 auf 3,79 Euro in 2024 aus – ein Plus von 11 Prozent binnen eines Jahres. Besonders kleinere Kommunen geraten unter Druck. 90 Prozent der Kommunen unter 100.000 Einwohnern müssen die Wärmeplanung komplett extern vergeben, da eigene Kapazitäten fehlen. Die knappen Ressourcen der Dienstleister treiben die Preise weiter nach oben und gefährden die Einhaltung der gesetzlichen Fristen.

Schleswig-Holstein reagiert mit einem umfassenden Maßnahmenpaket auf diese Herausforderungen. Kern der Strategie ist die Gründung des Wärmekompetenzzentrums Schleswig-Holstein (WKZ.SH), das im März 2025 beim bestehenden Breitband-Kompetenzzentrum (BKZ.SH) angesiedelt wurde. Diese Entscheidung nutzt vorhandene Strukturen und Expertise: Das BKZ.SH verfügt über 15 Jahre Erfahrung in der Koordinierung komplexer Infrastrukturprojekte und hat das Land beim Glasfaserausbau zur bundesweiten Spitzenposition geführt.

Maxim Schmuck, Manager für Öffentlichkeitsarbeit und Digitales beim BKZ.SH, erläutert die strategische Entscheidung: „Die kommunale Wärmeplanung braucht – wie der Breitbandausbau – enge Abstimmung, technische Kompetenz und kommunale Nähe. Das Breitband-Kompetenzzentrum ist bereits gut in der kommunalen Familie verankert und hat bewährte Strukturen, die auch für die Wärmewende genutzt werden können.“ Die Synergieeffekte sind erheblich. Das BKZ.SH bringt Expertise im Geodatenmanagement ein – ein Kernbereich der Wärmeplanung. Zudem ermöglicht die Bündelung von Glasfaser- und Wärmenetzplanung Kosteneinsparungen von bis zu 30 Prozent bei Tiefbauarbeiten. „Durch die gemeinsame Struktur entstehen kurze Wege, gebündeltes Fachwissen und abgestimmte Abläufe. Besonders wertvoll sind die bestehenden Kontakte des BKZ.SH zu Stadt- und Gemeindewerken – zentrale Akteure bei der Umsetzung von Wärmelösungen“, betont Schmuck. Das WKZ.SH stellt den Kommunen ab sofort Wärmepotenzialkarten über den DigitalAtlasNord zur Verfügung, die zeigen, wo Wärmenetze wirtschaftlich betrieben werden können. Kommunen können so frühzeitig entscheiden, ob ein verkürztes Verfahren möglich ist. Erste Erfolge sind messbar: Durch die Datenaufbereitung des WKZ.SH konnte die Bearbeitungszeit um durchschnittlich 20 Prozent reduziert werden. Dies macht Projekte für Planungsbüros attraktiver und entlastet kommunale Haushalte.

Die öffentliche Koordinierung allein kann jedoch die Ressourcenengpässe nicht vollständig lösen. Angesichts der schieren Menge an zu erstellenden Wärmeplänen und der begrenzten Kapazitäten braucht es zusätzliche Ansätze zur Effizienzsteigerung. Deshalb setzt das Land Schleswig-Holstein auch gezielt auf heimische Lösungsanbieter, die mit ihren technologischen Kompetenzen und ihrer Kenntnis der regionalen Gegebenheiten maßgeblich zur Bewältigung der Herausforderungen beitragen. Ein Beispiel dafür ist EBERO FAB aus Norderstedt: Das Unternehmen vor den Toren Hamburgs hat gemeinsam mit den Partnern GEO DATA und KI-P eine Open-Source-basierte Komplettlösung entwickelt, die durch Automatisierung und Standardisierung die knappen Planungsressourcen deutlich effektiver nutzt.

Der Ansatz des Konsortiums unterscheidet sich fundamental von klassischen Planungsverfahren: Statt sequenzieller Arbeitsschritte werden technische Planung, digitale Werkzeuge und kommunale Prozessbegleitung von Beginn an integriert. Die Open-Source-Plattform von KI-P versetzt Kommunen in die Lage, eigene Daten souverän zu verwalten, verschiedene Planungsszenarien durchzuspielen und fundierte Entscheidungen zu treffen – frei von proprietären Abhängigkeiten und mit voller Kompatibilität zu bestehenden kommunalen Systemen. Das umfassende Leistungsspektrum reicht von der initialen Potenzialanalyse über technische und rechtliche Machbarkeitsprüfungen bis hin zur Förderberatung und kontinuierlichen Umsetzungsbegleitung. Der entscheidende Vorteil: Durch konsequente Digitalisierung und Automatisierung von Standardprozessen werden die wenigen verfügbaren Fachexperten entlastet. Sie können sich auf komplexe Einzelfälle und strategische Fragestellungen konzentrieren, während Routineaufgaben effizient digital abgewickelt werden. So entstehen aus Schleswig-Holstein heraus Lösungsansätze, die bundesweit zur Bewältigung der Personalengpässe beitragen können.

Die schleswig-holsteinische Herangehensweise stößt bundesweit auf Interesse. Die Kombination aus zentraler Koordinierung, digitalen Tools und Nutzung bestehender Infrastrukturnetzwerke gilt als wegweisend. Mit einer Glasfaserversorgung von 80 Prozent verfügt das Land über ideale Voraussetzungen für die Digitalisierung der Wärmeplanung. Für Kommunen ergeben sich konkrete Handlungsoptionen: Die Nutzung digitaler Planungstools kann Personalengpässe kompensieren. Eine frühzeitige Einbindung von Kompetenzzentren erleichtert die Suche nach Dienstleistern. Die Bündelung von Infrastrukturprojekten senkt Kosten erheblich. Open Source-Lösungen bieten kostengünstige Alternativen zu proprietären Systemen. Der Bedarf bleibt groß: Bundesweit fehlen nach Schätzungen des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende mindestens 2.000 zusätzliche Fachkräfte. Ob andere Bundesländer das schleswig-holsteinische Modell adaptieren und digitale Tools rechtzeitig skaliert werden können, wird über den Erfolg der kommunalen Wärmewende entscheiden. (DEKOM, 07.07.2025) Mehr Infos hier…

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