Vierte Reinigungsstufe: Schweiz setzt auf gesamtgesellschaftliche Lösung
Während die Europäische Union mit der Kommunalabwasserrichtlinie eine erweiterte Herstellerverantwortung einführt, bei der Pharma- und Kosmetikindustrie den Großteil der Kosten für die vierte Reinigungsstufe auf Kläranlagen tragen sollen, verfolgt die Schweiz einen grundsätzlich anderen Ansatz: Dort werden die Investitionen gesamtgesellschaftlich finanziert – über eine einwohnerbezogene Abgabe, die über bestehende Gebührenstrukturen auf Haushalte und Betriebe verteilt wird. Konkret zahlt jede Abwasserreinigungsanlage (ARA) neun Franken (aktuell 9,65 Euro) pro angeschlossenem Einwohner und Jahr an den Bund. Die Kosten werden auf die angeschlossenen Gemeinden und damit auf die Nutzer umgelegt. Aus dem entstehenden Fonds fördert der Bund 75 % der notwendigen Erstinvestitionen für die vierte Reinigungsstufe. Die verbleibenden 25 % tragen die Anlagenbetreiber. Die Abgabe ist bis 2040 befristet und entfällt für Anlagen, die den Ausbau bereits umgesetzt haben – ein bewusst gesetzter Anreiz zur zügigen Umsetzung. Die Schweiz betont, dass Mikroverunreinigungen aus vielen Quellen stammen – neben Haushalten etwa auch aus Krankenhäusern, Gewerbebetrieben oder der Landwirtschaft. Das Modell vermeidet einseitige Belastungen und gilt als sozial ausgewogen. Gleichzeitig ist der Verwaltungsaufwand gering: Die Abwicklung erfolgt zentral und unbürokratisch über bestehende Strukturen. Seit der gesetzlichen Einführung im Jahr 2016 hat sich die Regelung bewährt. Sie wird in der Bevölkerung akzeptiert und findet zunehmend internationale Beachtung – nicht zuletzt als pragmatische und anschlussfähige Alternative zu komplexen Verursacherzuweisungen. Auch in der europäischen Debatte um faire und umsetzbare Finanzierungsmodelle für sauberes Wasser gilt das Schweizer System inzwischen als möglicher Referenzrahmen – insbesondere für Kommunen, die Planbarkeit, Rechtsklarheit und breite Akzeptanz in den Vordergrund stellen. (BAFU Schweizerisches Amt für Umwelt/DEKOM, 07.07.2025) Mehr Infos hier…