ZenDiS: Kommunale Nachnutzung erleichtern

Die einfache Nachnutzung von Software ist essenziell für eine zukunftsfähige Kommunalverwaltung: Wird die Nachnutzung erleichtert, kann gemeinsam statt parallel entwickelt werden und es entstehen bedarfsgerechte Anwendungen, die langfristig Kosten reduzieren. Open-Source-Software bietet dafür die passende Lösung und wird in der Öffentlichen Verwaltung bereits häufig eingesetzt, doch es gibt noch Hürden bei der Nachnutzung. Leonhard Kugler, Leitung Open-Source-Plattform des Zentrums Digitale Souveränität (ZenDiS), erläutert im Gespräch mit DEKOM, wie die Nachnutzung gefördert werden kann – und wie das ZenDiS Bund, Länder und Kommunen dabei unterstützt.

DEKOM: Welche konkreten Unterstützungsangebote bietet das ZenDiS den Kommunen, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG)?

Leonhard Kugler: Das ZenDiS unterstützt die Öffentliche Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen dabei, die eigene Digitale Souveränität zu stärken. Mit Digitaler Souveränität meinen wir, dass Ämter und Behörden zwischen IT-Lösungen wechseln, diese Lösungen mitgestalten und ihre Interessen gegenüber Anbietern durchsetzen können. Open-Source-Software ist dabei ein wichtiges Mittel: Sie erleichtert den Wechsel zwischen Anbietern, sorgt für Transparenz und schafft Möglichkeiten zur Mitgestaltung. Open-Source-Software wird in der Öffentlichen Verwaltung zwar häufiger entwickelt und eingesetzt als noch vor wenigen Jahren, aber vor allem bei der Nachnutzung gibt es weiterhin Hürden. Das hat verschiedene Gründe. Oft ist den Verantwortlichen beispielsweise nicht klar, wie und wo sie einsatzbereite, sichere Open-Source-Lösungen finden. Hier unterstützt das ZenDiS: Wir stellen auf unserer Plattform Open Code einen Softwarekatalog mit Lösungen der Öffentlichen Verwaltung bereit und stellen auch das nötige Wissen zur Verfügung, um diese Software einzusetzen. Wir haben außerdem unterschiedliche Open-Source-Produkte im Portfolio – zum Beispiel unsere Office & Collaboration Suite openDesk. Für Städte und Gemeinden bedeutet das erstens: Sie können sich bei Fragen zur Digitalen Souveränität und zu Open Source auf openCode informieren und finden eine Vielzahl an Hilfestellungen. Konkret unterstützen wir etwa bei der Open-Source-Lizenzierung, Veröffentlichung, aber auch bei der Nachnutzung von Lösungen. Zweitens lohnt es sich für jede Kommune, openCode aktiv zur Software-Beschaffung und -Entwicklung zu nutzen. Unser Softwareverzeichnis gibt einen Überblick über eine Vielzahl von Anwendungen für die Verwaltung und macht mithilfe von Badges auf den ersten Blick sichtbar, wie zuverlässig und sicher eine Anwendung nachgenutzt werden kann. Die Öffentliche Verwaltung kann außerdem eigene Software auf openCode veröffentlichen und gemeinsam mit anderen daran arbeiten.  Und drittens: Unsere Open-Source-Produkte – die natürlich auch auf openCode veröffentlicht sind – lassen sich unabhängig von der Größe einer Kommune leicht nutzen. openDesk beispielsweise kann auf der eigenen Infrastruktur betrieben werden. Wir stellen dann bei Bedarf Service und Support bereit. openDesk gibt es aber auch als Software-as-a-Service-Angebot, das die Umstellung erleichtert.  Weshalb Open-Source-Lösungen vorteilhaft sind, wird im OZG-Kontext besonders deutlich: Aktuell investieren die knapp 11.000 Kommunen in Deutschland viel Zeit und Geld, um Bürgerschaft und Unternehmen ihre Verwaltungsleistungen online verfügbar zu machen. Dabei werden etliche gleiche oder sehr ähnliche Komponenten vielfach als Closed-Source-Lösungen entwickelt. Sinnvoller wäre es, wenn gleichartige Komponenten unter einer Open-Source-Lizenz auf openCode veröffentlicht würden. Insofern ist es nur folgerichtig, dass mit der Novellierung des OZG ein Open-Source-Vorrang etabliert wurde – wir unterstützen bei der Umsetzung.

DEKOM: Welche Fortschritte konnten durch Ihre Arbeit bisher erzielt werden? Gibt es besondere Best-Practice-Beispiele, die Sie hervorheben möchten?

Leonhard Kugler: Zu openDesk haben wir bislang gut 1.500 Anfragen erhalten, davon 400 aus Kommunen, und verzeichnen aktuell 70.000 Nutzende. Auf openCode finden sich 2.500 Projekte von 6.000 Nutzenden. Die Anzahl der Projekte wächst aktuell jeden Monat etwas schneller: Im vergangenen Monat sind erstmals 200 neue Projekte hinzugekommen. Etwa 30 davon sind explizit auf die Anforderungen der kommunalen Ebene ausgerichtet. Ein Beispiel ist die Smart Village App aus Bad Belzig, die unterschiedliche Bürgerservices versammelt und bereits von einigen Kommunen nachgenutzt wird. Die Stadt Frankfurt hat unter dem Namen GA-Lotse eine einheitliche Software für Gesundheitsämter veröffentlicht. Und aus Lemgo kommt die Smarte Einsatzkraftortung – eine Webanwendung, mit der sich Standortdaten in Echtzeit visualisieren lassen.

DEKOM: Wie fördern Sie die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Verwaltungsebenen und Akteuren im Bereich der Digitalisierung?

Leonhard Kugler: openCode hat sowohl die technische Basis als auch einen einfachen Zugang geschaffen, damit Verwaltungseinrichtungen auf Ebene des Bundes, der Länder und der Kommunen sehr leicht in Softwareprojekten zusammenarbeiten können: Verwaltungsmitarbeitende müssen sich nur auf openCode registrieren und können sich dann beteiligen.  Neben der eigentlichen Softwareentwicklung kann das auch in Form von Beiträgen in Diskussionen sein. Beispielsweise betreibt das Bundesverwaltungsamt (BVA) sein Open Data Forum auf openCode. Hier können sich alle Interessierten – auch jenseits der Verwaltung – über offene Daten austauschen.

Das ZenDiS fördert die Zusammenarbeit außerdem, indem es eine lebendige Community rund um Open Source in der Verwaltung aufbaut. Nicht nur auf openCode, sondern beispielsweise auch durch unser monatliches Event openCode Connect, das eine Möglichkeit zum Austausch zu Open Source und Nachnutzung bietet.

DEKOM: Welche zukünftigen Projekte oder Strategien plant das ZenDiS, um die Digitalisierung in den Kommunen weiter voranzutreiben?

Leonhard Kugler: Aus unserer Sicht kommt es darauf an, systematisch und kontinuierlich den eingeschlagenen Weg zu verfolgen. Das heißt konkret, dass wir unser Angebot schrittweise erweitern: Wir werden das Badge-Programm im openCode Softwarekatalog weiterentwickeln und automatisiert Qualitäts- und Sicherheitskriterien von Software ausweisen. Außerdem werden wir Vergabeunterlagen auf openCode bereitstellen und Beschaffungskriterien formulieren. Unser Beratungsangebot werden wir ausdifferenzieren und es werden neben openDesk weitere konkrete Produkte hinzukommen. Den Kommunen machen wir mit all dem die Nachnutzung so einfach wie möglich und sichern langfristig ihre Handlungsfähigkeit. (DEKOM, 28.04.2025) Mehr Infos hier…

Über das ZenDiS

Das Zentrum für Digitale Souveränität der Öffentlichen Verwaltung (ZenDiS) wurde 2022 durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) gegründet. Als Kompetenz- und Servicezentrum unterstützt das ZenDiS die Öffentliche Verwaltung auf Ebene von Bund, Ländern und Kommunen dabei, ihre Handlungsfähigkeit im digitalen Raum langfristig abzusichern – vor allem, indem kritische Abhängigkeiten von einzelnen Technologieanbietern aufgelöst werden. Dazu konzentriert sich das ZenDiS in der ersten Ausbaustufe darauf, den Einsatz von Open-Source-Software in der Öffentlichen Verwaltung voranzutreiben. Das ZenDiS ist eine GmbH und liegt derzeit zu 100 Prozent in der Hand des Bundes. Eine Beteiligung der Länder ist in Vorbereitung. Sitz des ZenDiS ist Bochum.

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