AI Literacy wird zur neuen Kulturtechnik – warum Kommunen in KI-Kompetenz investieren müssen

Der digitale Wandel schreitet rasant voran – und stellt die öffentliche Verwaltung vor enorme Herausforderungen: Wachsende Aufgaben, steigender Erwartungsdruck seitens der Bürgerinnen und Bürger und zugleich ein akuter Fachkräftemangel. Künstliche Intelligenz gilt als Schlüsseltechnologie, um dieser Schere zu begegnen. Doch dafür braucht es Wissen, Können – und den Mut zur Veränderung. Im DEKOM-Interview erklärt Startplatz-Gründer und Startup-Inkubator Dr. Lorenz Gräf, warum KI-Kompetenz heute zur Grundausstattung jeder Verwaltung gehört, wie Schulungsformate konkret aussehen können – und warum der erste Schritt oft der wichtigste ist.

DEKOM: Warum braucht die öffentliche Verwaltung heute dringend mehr KI-Kompetenz?

Lorenz Gräf: Die Zahl der Verwaltungsakte nimmt stetig zu – sei es durch neue Förderprogramme, Infrastrukturprojekte oder gesetzliche Vorgaben. Gleichzeitig fehlen zunehmend Fachkräfte. Die Folge: Prozesse dauern immer länger, obwohl Bürger*innen durch Digitalisierung eigentlich schnellere Abläufe erwarten. Künstliche Intelligenz kann hier gezielt unterstützen – etwa durch automatisierte Recherchen, ausgefüllte Formulare oder die strukturierte Vorbereitung von Entscheidungen. Damit rückt der Sachbearbeiter stärker in die Rolle des Entscheiders. Das funktioniert aber nur, wenn er die KI versteht und souverän einsetzen kann. Diese „AI Literacy“ – also die Fähigkeit, KI sicher zu bedienen – wird zur neuen Kulturtechnik.

DEKOM: Wie können Kommunen ihre Mitarbeitenden dafür fit machen – und was ist dabei zu beachten?

Lorenz Gräf: Wir brauchen keine theoretischen Vorträge, sondern praxisnahe Schulungen, die den Umgang mit KI erlebbar machen. Dazu gehören Elemente wie Prompt-Techniken, konkrete Anwendungsideen aus dem Verwaltungsalltag und rechtliche Grundlagen. Wichtig ist: Man kann Kompetenz nicht verordnen – sie muss im Tun wachsen. Ideal ist es, mit einer Gruppe freiwilliger Mitarbeitender („KI-Scouts“) zu starten, die ersten Erfahrungen sammeln, Ideen entwickeln und später intern weitergeben. Unterstützt werden sie durch einen KI-Kompass – also klare Leitplanken, wie und wofür KI in der Verwaltung eingesetzt werden darf. So entsteht Vertrauen, Sicherheit – und echte Entlastung im Alltag.

DEKOM: Was kostet so etwas – und wie sollte eine Kommune konkret vorgehen?

Lorenz Gräf: Wir bieten beispielsweise Tagesworkshops zur KI-Kompetenz für Verwaltungen an. Die Kosten liegen – je nach Umfang und Teilnehmerzahl – bei etwa 2.000 bis 4.000 Euro pro Tag. Wichtig ist: Es geht nicht um starre Schulungsprogramme, sondern um Hilfe zur Selbsthilfe. Am besten beginnt man mit einem Kennenlern-Tag oder einem Best-Practice-Austausch mit Kommunen, die bereits Erfahrungen gesammelt haben – etwa Siegburg, Bonn oder Köln. Denn Bürgermeister hören am liebsten auf Bürgermeister. Danach kann man gezielt in Multiplikatorenschulungen investieren. So entsteht ein tragfähiges internes Netzwerk, das KI nachhaltig in die Verwaltung bringt. (DEKOM/Startplatz, 07.04.2025) Mehr Infos hier…

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