AOK: Pflegende Angehörige wenden im Schnitt 49 Stunden pro Woche für häusliche Pflege auf

Befragung zeigt: Fast jede vierte Hauptpflegeperson im Alter zwischen 18 und 65 Jahren hat die eigene Erwerbstätigkeit aufgrund der Übernahme von häuslicher Pflege reduziert oder ganz aufgegeben Pflegende Angehörige wenden für die Versorgung zu Hause nach wie vor viel Zeit auf: Gaben die Befragten im Jahr 2019 43 Wochenstunden an, so lag diese Zahl 2023 bei 49 Stunden pro Woche für pflegende Tätigkeiten wie Körperpflege, Ernährung, Medikamentenstellung und Hilfe in der Nacht. Diese hohe zeitliche Belastung ist auch mit Blick auf die Erwerbstätigkeit relevant: Lediglich 46 Prozent der Hauptpflegepersonen im erwerbsfähigen Alter üben eine Tätigkeit in Vollzeit aus. Von denen in Teilzeit gibt rund die Hälfte an, die Arbeit aufgrund der Pflegeverpflichtungen reduziert zu haben, ganz aufgegeben haben 28 Prozent ihre Erwerbstätigkeit aus diesem Grund. Das sind zentrale Ergebnisse einer nach Pflegegraden repräsentativen Umfrage des Instituts Forsa für das wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO). Für die Studie befragte das WIdO im August/September 2023 rund 1.000 Hauptpflegepersonen im häuslichen Setting. Da eine Vorgängerbefragung des WIdO aus dem Jahr 2019 vorliegt, sind Aussagen zur Entwicklung der Situation von pflegenden Angehörigen im Zeitverlauf möglich. „Die Belastungen, die aus der Pflege- und Betreuungsarbeit entstehen, waren und bleiben hoch“, sagt Dr. Antje Schwinger, Leiterin des Forschungsbereichs Pflege im WIdO. „Abzulesen ist dies am wöchentlichen Stundenvolumen sowie am Belastungsscore. Jeder vierte Befragte gab und gibt an, hoch belastet zu sein und die Pflegesituation „eigentlich gar nicht mehr“ oder „nur unter Schwierigkeiten“ bewältigen zu können.“ Als Maß zur Ermittlung der Belastung wird die sogenannte „Häusliche-Pflege-Skala“ (HPS) zugrunde gelegt, die anhand von zehn Fragen u. a. zur körperlichen Erschöpfung, Lebenszufriedenheit und psychischen Belastung vergleichbare Werte liefert. Sowohl für 2019 als auch für 2023 ergab die HPS-Skala für knapp 26 Prozent der befragten Pflegepersonen eine hohe Belastung. Am stärksten betroffen sind Haushalte, in denen Menschen mit Demenzerkrankung oder einem Pflegegrad ab 3 betreut werden. „Die Umfrage legt nahe, dass der hohe zeitliche Aufwand von durchschnittlich 49 Wochenstunden direkte Auswirkungen auch auf die Erwerbsarbeit hat und eine Work-Life-Care-Balance für viele schwer zu erreichen ist“, sagt Schwinger. 52 Prozent derjenigen in Teilzeit sagten, dass sie die Arbeitszeit im Beruf aufgrund der Übernahme von Pflege reduziert hätten, und 28 Prozent der nicht-erwerbstätigen pflegenden Angehörigen gaben an, vor der Übernahme der Pflege erwerbstätig gewesen zu sein. Insgesamt waren 46 Prozent der befragten Pflegepersonen im erwerbsfähigen Alter in Vollzeit beschäftigt und 37 Prozent in Teilzeit. 18 Prozent gaben an, nicht erwerbstätig zu sein (Abbildung 3). Das Vereinbarkeitsproblem trifft dabei überwiegend Frauen, denn sie stellen mit 67 Prozent den Großteil der Hauptpflegepersonen im erwerbstätigen Alter. Gefragt wurde auch nach den vom Gesetzgeber geschaffenen Entlastungsangeboten für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Die Mehrheit der Befragten kennt diese Angebote zwar, hat sie aber bislang kaum in Anspruch genommen. So haben nur drei Prozent von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich bis zu sechs Monate vollständig oder teilweise von der Arbeit freistellen zu lassen. 73 Prozent der Befragten ist das Angebot aber bekannt. Das Anrecht, in einer akuten Pflegesituation bis zu zehn Tage bei Bezug von Lohnersatzleistungen der Arbeit fernzubleiben, haben mit 13 Prozent etwas mehr Personen in Anspruch genommen, hier kennt allerdings nur etwa die Hälfte (55 Prozent) der befragten erwerbstätigen Hauptpflegepersonen ihren Leistungsanspruch. Angesichts der hohen Belastung von pflegenden Angehörigen, die berufstätig sind, plädiert die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Carola Reimann, für bessere Entlastungsangebote. „Was wir brauchen, sind neue Angebote für eine wirklich funktionierende Work-Life-Care-Balance. Denkbar sind hier die Einführung von Hauspflegegemeinschaften, der Ausbau von Nachbarschaftshilfe und bürgerlichem Engagement sowie die Schaffung besserer Beratungsangebote, damit die Haushalte, die sich mehr Entlastung wünschen, diese auch schnell, zielgerichtet und ohne bürokratische Hürden bekommen“, sagte Reimann mit Blick auf die Umfrageergebnisse. (AOK, 21.05.2024) Ganzer Artikel hier…

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