DIW fordert breite Diskussion um Kita-Pflicht: „Sollte kein Tabu mehr sein“
Deutschland hat ein strukturelles Problem mit ungleichen Bildungschancen – und das beginnt schon im frühen Kindesalter. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) fordert deshalb eine breite gesellschaftliche Debatte über eine mögliche Kita-Pflicht. Die frühkindliche Bildung müsse in den Mittelpunkt der Bildungspolitik rücken, um soziale Ungleichheiten nachhaltig zu verringern. Denn trotz eines weitgehend öffentlichen Bildungswesens ist in kaum einem Industrieland der Bildungserfolg so stark von Einkommen und Bildungsgrad der Eltern abhängig wie in Deutschland. Während Kinder aus bildungsnahen Haushalten früh gefördert werden, fehlen vielen anderen die nötigen Grundlagen. Bereits bei Siebenjährigen lassen sich laut DIW-Analyse erhebliche Unterschiede bei Sprach- und Mathekompetenzen feststellen – maßgeblich geprägt vom sozialen Hintergrund. In Frankreich etwa ist dieser Einfluss deutlich geringer. Die Studie zeigt: Frühkindliche Förderung wirkt – und zwar messbar besser als spätere Investitionen im Bildungssystem. Wirtschaftsnobelpreisträger James Heckman belegt, dass jeder Euro in frühe Bildung zwei- bis dreimal so viel Ertrag bringt wie Investitionen in spätere Bildungsstufen.
Die DIW-Forscher fordern daher:
- einen massiven qualitativen und quantitativen Ausbau der Kitas,
- gezielte Information und Aufklärung der Eltern über den Nutzen früher Förderung,
- eine Diskussion über eine verpflichtende Vorschulzeit – analog zu Frankreich, wo eine solche Pflicht für alle Kinder gilt.
Besonders kritisch sehen die Forscher, dass Kitas in Deutschland teils noch kostenpflichtig sind, während ein Universitätsstudium kostenlos bleibt – eine Schieflage, die bildungspolitisch kaum zu rechtfertigen ist. Fazit: Wer Chancengleichheit will, muss früh ansetzen. Frühkindliche Bildung sollte kein Nebenschauplatz mehr sein – sie ist der Schlüssel für mehr Gerechtigkeit, mehr Teilhabe und langfristig auch für mehr wirtschaftliche Stärke. (DIW, 07.04.2025) Ganzer Artikel hier…