„Hoch im Kurs steht derzeit intelligentes Parkraummanagement“

Immer mehr vernetzte Technologien erobern den urbanen Raum. Sogenannte Smart Cities sind dazu geeignet die Lebensqualität der Menschen zu verbessern, knappe Ressourcen wie Strom, das Personal in der Stadtverwaltung oder die Kapazität des öffentlichen Nahverkehrs effizienter einzusetzen und mehr Resilienz zu schaffen. Über die wichtigsten und grundlegendsten Smart City Anwendungen haben wir uns ausführlich mit dem CEO des führenden deutschen Infrastrukturausstatters EBERO AG, Carsten Schweneker, unterhalten. In unserem zweiteiligen Interview erklärt Schweneker, warum die Smart City das Stadtkonzept der Zukunft ist und wie auch der ländliche Raum von Smart City Lösungen profitiert.

Herr Schweneker in den Städten und Gemeinden werden immer neue Anwendungsfelder für Smart City Technologien identifiziert und erprobt. Ihr Unternehmen die EBERO AG konnte bereits viel Erfahrung bei Konzeption und Installation von Smart City Anwendungen sammeln. Was sind zurzeit die Topseller bei Ihnen?

Carsten Schweneker: Tatsächlich modulare Speichersysteme, die abhängig von der gerade benötigten Speicherkapazität zusammengeschaltet werden können. Die Leistungsfähigkeit solcher Speichersysteme ist mittlerweile enorm. Inzwischen lassen sich sogar Batterieladsäulen mit so viel Energie aufladen, dass mehrere Autos gleichzeitig daran geladen werden können. Die Batterieladesäulen können dann zu Zeiten wiederaufgeladen werden, in denen weniger Strom nachgefragt wird – z. B. über Nacht. Diese Batteriespeicher werden zurzeit gerade auch in Kombination mit Verteilerstationen für Telekommunikationsverbindungen – sogenannte PoP-Stationen stark nachgefragt, die dann im Not- oder Katastrophenfall netzunabhängig weiterbetrieben werden können. 

Hoch im Kurs stehen bei Kommunen aktuell auch Anwendungen für intelligentes Parkraummanagement. Also Kameras und Bodensensoren, die Verkehrsdaten und Parkraumbelegung erfassen und freie Parkplätze oder solche mit freien E-Ladesäulen anzeigen. Die Parkraumüberwachung kann zudem dabei helfen Flucht- und Rettungswege freizuhalten. Die dort installierten Sensoren melden, wenn sich ein widerrechtlich geparktes Fahrzeug über oder neben ihnen befindet. Diese Messdaten werden (datenschutzkonform) z. B. an den kommunalen Ordnungsdienst geleitet. Die Verantwortlichen können dann ggf. geeignete Maßnahmen einleiten, um diese Bereiche zu räumen. Die Stadt Lübeck setzt diese Lösung im Rahmen des Projekts „Kreuzung Frei“ bereits in die Praxis um.  

Ungebrochen hoch ist die Nachfrage auch Bereich intelligenter Straßenbeleuchtung. Durch Umrüstung auf LED-Technologie und – wenn möglich – bedarfsgerechter Lichtsteuerung – kann der Energiebedarf enorm gesenkt werden. Gleichzeitig bietet die Straßenbeleuchtung eine hervorragende Basis für den Aufbau einer Smart City tauglichen Infrastruktur.

Inwiefern?

Carsten Schweneker: Die Laternen sind in der Regel ja vorhanden und stehen im Abstand von 30 bis 50 Metern eigentlich in jeder Stadt. Wird die Beleuchtung auf LED umgestellt, müssen die Leuchtenköpfe ohnehin ausgetauscht werden. Die kann man dann natürlich auch direkt mit intelligenter Technik versehen. Dafür bieten wir bei EBERO einen freien Bauraum an, in dem je nach Bedarf verschiedenste Komponenten installiert werden können. Etwa eine 5G-Antenne, ein WLAN-Gateway, Umweltsensorik oder eben auch Sensoren für die Verkehrszählung.

Smart City Anwendungen verortet man eigentlich eher in Großstädten und Ballungszentren. Anfang des Jahres hat allerdings das Projekt „Smarte Grenzregion“ hoch im Norden Schleswig-Holsteins mit einem von EBERO installierten Parkraumüberwachungs- und Verkehrsleitsystem bundesweit von sich reden gemacht. Worum genau geht es da?  

Carsten Schweneker: Besucher und Bürger der Region und der Stadt Flensburg werden über ihr Smartphone frühzeitig über freie Parkplätze ggf. mit freien E-Ladesäulen informiert und zielgerichtet in Echtzeit dort hingeleitet. Das ist ja nicht nur für die Großstadt Flensburg interessant, sondern auch für die Besucher touristischer Zentren der Region – z. B. des Weltkulturerbes Haithabu. Kurzum; überall dort wo zu Stoßzeiten hohes Verkehrsaufkommen in der Region anfällt wird der Verkehr intelligent geleitet. Die Anwendung minimiert den Parkplatzsuchverkehr, optimiert den Verkehrsfluss insgesamt und trägt so erheblich zur Reduktion von CO2-Emissionen bei.

Warum sollten sich Bürgermeister und kommunale Entscheider unabhängig von der jeweiligen Gemeindegröße unbedingt mit den Möglichkeiten von Smart City Anwendungen befassen?

Carsten Schweneker: Ich fasse das gerne in drei Überschriften zusammen: Der wichtigste Punkt dabei ist immer die Erhöhung der Lebensqualität. Und zwar der Lebensqualität für Bürger und Gäste. Dazu gehören ausreichende Parkplätze und Voraussetzungen für Arbeiten im Homeoffice – also flächendeckendes WLAN, 5G – Telefonnetz, usw. Also alles was das Leben erleichtert und einen gewissen Komfort verheißt.

Der zweite große Bereich sind Energieversorgung und Reduktion von CO2-Emissionen. Wenn wir es wirklich ernst meinen mit der Energiewende und der CO2-Reduzierung, dann müssen sämtliche Verbräuche und Einspeisungen in das Netz sekundengenau erfasst und verarbeitet werden. Und das geht eben nur über ein schnelles Internet, Smartphone und intelligente Anwendung der Daten.

Und der dritte Punkt lässt sich unter Resilienz im Sinne von Katastrophenfähigkeit und dem Schutz kritischer Infrastrukturen zusammenfassen. Allen voran die Aufrechterhaltung des Notrufs und wichtiger Kommunikationskanäle – auch wenn alles andere nicht mehr funktioniert. Bei der Flutkatastrophe im Ahrtal z. B. wäre erheblich weniger Schaden entstanden, wenn die Kommunikationsnetze funktionstüchtig geblieben wären.  

Vielen Dank!

Im zweiten Teil unseres Smart City Interviews geht es in der nächsten DEKOM-Ausgabe darum, wie Smart City Konzepte zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Stadt und Land beitragen können, wie EBERO-Experten die Kommunen Schritt für Schritt bei Planung und Realisation von Smart City Anwendungen unterstützen können und wie die kleine schleswig-holsteinische Gemeinde Süderbrarup zum vielleicht digitalsten Dorf der Republik wird. (DEKOM, 08.07.2024) Mehr Infos hier…

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