Trianel Connect: Neues Netzwerk bietet Stadtwerken Orientierung
Die Stadtwerke-Kooperation Trianel startet ein neues Partnernetzwerk, in dem der gemeinsame Wissensaufbau rund um Innovationen und Zukunftsthemen im Fokus steht. Ziel von „Trianel Connect“ ist es, Stadtwerke, Politik und Start-ups an einen Tisch zu bringen und gemeinsam Lösungen für die Herausforderungen der Energiewende zu entwickeln. Neun Stadtwerke und Regionalversorger haben sich dem neuen Netzwerk bereits angeschlossen. Über das neue Angebot der Stadtwerkekooperation haben wir uns mit Sven Becker, Sprecher der Geschäftsführung der Trianel GmbH, unterhalten:
DEKOM: Mit Trianel Connect haben Sie ein neues Partnernetzwerk ins Leben gerufen. An wen richtet sich das Netzwerk primär?
Sven Becker: Trianel Connect adressiert primär Stadtwerke, die die Energiewende als Chance verstehen und neue Geschäftsfelder für sich erschließen möchten. Das Beobachten von Markttrends und neuer Technologien sowie deren strategische Bewertung kann im Tagesgeschäft der Stadtwerke untergehen – es fehlen oft die personellen und zeitlichen Ressourcen. Hierfür haben wir bereits 2012 das Trianel Trendscouting ins Leben gerufen, das für unsere Gesellschafter Zukunftsthemen analysiert und die agile Zusammenarbeit fördert. Nun bieten wir unseren neuen Partnern mit Trianel Connect eine Wissensplattform an, in der wir die Erkenntnisse unseres Trianel Trendscoutings teilen sowie den Erfahrungsaustausch untereinander und mit unseren Gesellschaftern anstoßen und moderieren. Im Mittelpunkt steht dabei der kreative Austausch zwischen den Connect Partnern und Trianel, damit wir gemeinsam optimale Lösungen entwickeln.
DEKOM: Das Trendscouting-Team von Trianel Connect soll technologische, gesellschaftliche und energiepolitische Entwicklungen analysieren und Handlungsoptionen ableiten. Können Sie uns ein Beispiel nennen, wie ein Stadtwerk von diesen Analysen in der Praxis profitieren kann?
Sven Becker: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) gehört nicht nur in der Energiewirtschaft zu den spannendsten Themen. Wir haben uns bei der Analyse und Bewertung von KI- Anwendungsfällen auf das Potenzial und die Umsetzbarkeit fokussiert und den Schulterschluss mit Start-ups gesucht. So kann zum Beispiel durch eine automatisierte Lastverschiebung die Stromrechnung ohne Komforteinbußen optimiert werden: Ein selbstlernender Algorithmus ermittelt die Potenziale, um dann eine automatisierte Optimierung des Stromverbrauchs zu erreichen. Ein weiteres Beispiel ist die Verwendung von Voicebots, die inzwischen typische Fragestellungen eigenständig beantworten können. Unsere Analysen haben ergeben, dass sich auch in mittelgroßen Stadtwerken monatlich etwa 10.000 Minuten automatisiert beantworten lassen und dadurch ein Kostenvorteil von rund 5.000 € erreicht werden kann. Auch die Bewirtschaftung von Windkraftanlagen kann durch den Einsatz von KI verbessert werden: Durch die Berücksichtigung von Gelände, Vegetation und benachbarten Windkraftanlagen sowie durch die Nutzung historischer Daten und der Integration von Wetterdaten können Prognoseabweichungen um bis zu 20 % reduziert werden. Ganz neu ist unsere Analyse zum Thema Finanzierung der Energiewende. Stadtwerke sind bei der Energiewende, die es bekanntermaßen nicht zum Null-Tarif gibt, besonders gefordert. Allerdings stellt sich die Frage, ob Stadtwerke über die dafür notwendige Innenfinanzierungskraft oder eine ausreichende Eigenkapitaldecke zur Aufnahme großer Fremdkapitalsummen verfügen. Eine Fremdkapitalaufnahme kann zudem durch die Notwendigkeit der Einhaltung finanzieller Covenants (Nebenabsprachen) gegenüber den bestehenden Geldgebern eingeschränkt werden. Hierfür hat das Trendscouting-Team ein integriertes Finanzmodell entwickelt, das die Investitionsfähigkeit kommunaler Energieversorger bestimmen kann. Der Anwender kann dann mit diesem Modell verschiedene Investitionsszenarien durchspielen, die eigene Investitionsstrategie anpassen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Das Tool kann zusätzlich für Analysen zur Kommunikation dieser Sachverhalte, beispielsweise an Anteilseigner, genutzt werden.
DEKOM: Sie betonen die Bedeutung von Kooperationen zwischen Stadtwerken, Politik und Start-ups im Rahmen von Trianel Connect. Wie stellen Sie sicher, dass aus diesen Kooperationen tatsächlich umsetzbare Lösungen für die Energiewende entstehen?
Sven Becker: Kooperationen sind aus unserer Sicht für den Erfolg entscheidend. Sie bieten die Basis, einen größtmöglichen Nutzen für alle Partner zu erzielen. Dieser Grundgedanke ist die DANN von Trianel. Als Stadtwerke-Kooperation bündeln wir die Interessen von über 100 Partnern und Gesellschaftern. Das Trianel Trendscouting und das Trianel Digital Lab sind zwei Beispiele, bei denen uns die lösungsorientierte Zusammenarbeit im Gesellschafterkreis mit Start-ups und weiteren Partnern gelingt. Wir kurbeln den Wissenstransfer sowie den persönlichen Austausch weiter an, indem wir Webinare, Workshops, Networking-Treffen und parlamentarische Abende veranstalten. Während es bei den parlamentarischen Abenden in erster Linie um den energiepolitischen Dialog geht, fokussieren wir uns beim Austausch mit den Start-ups auf die Anbahnung von Kooperationen mit Stadtwerken zur Lösung konkreter Probleme und Entwicklung neuer Geschäftsansätze. Wir scannen zunächst in einem strukturierten Prozess die Start-up-Landschaft, recherchieren und bewerten die Gründungen, die für Stadtwerke von Interesse sein könnten. Daraus resultiert unser Start-up-Report, in dem wir jedes Jahr rund zwanzig spannende Unternehmen vorstellen. Unsere Partner können darüber abstimmen, welche Start-ups sie näher kennenlernen möchten. Das erfolgt dann beim Trianel Innovation Day, den wir seit 2017 jährlich organisieren. Wir sehen uns als Brückenbauer zwischen Stadtwerken und Start-ups. Manchmal wird direkt im Anschluss eine Zusammenarbeit vereinbart. Oft wird aber auch ein Pilotprojekt definiert, das über das Trianel Digital Lab zusammen mit den daran teilnehmenden Stadtwerken umgesetzt wird. Ein Beispiel für ein solches Pilotprojekt ist ein Chatbot für ein teilnehmendes Stadtwerk in Nordrhein-Westfalen, bei dem das Digital Lab untersucht hat, wie ChatGPT zur schnelleren Bearbeitung digitaler Anfragen und als Baustein eines hochwertigen digitalen Kundenservices nutzbar gemacht werden kann.
DEKOM: Wie kommen z. B. Start-ups oder Entwickler mit innovativen Lösungen für die Energiewende in den Fokus der Trianel-Trendscouts? Können Tüftler/Entwickler mit möglicherweise relevanten Lösungsansätzen proaktiv auf „Trianel Connect“ zugehen?
Sven Becker: Wir nutzen dafür ähnliche Quellen, die wir auch für den Start-up Radar verwenden. Zunächst sind Universitäten wie die RWTH in Aachen regelrechte Talentschmieden für innovative Köpfe und Lösungsansätze. Entsprechend verfügen diese über Ausgründungen, die hohe Relevanz für die Energiewirtschaft haben. Hier engagieren wir uns auch aktiv als Partner in den spannendsten Forschungsvorhaben. Des Weiteren beobachten wir Gründer-Initiativen wie die der Deutschen Energieagentur (Start Up Energy Transition) oder des EIT InnoEnergy und lassen die unterstützten Start-ups in unsere Recherche einfließen. Einen großen Wert hat zudem der Austausch mit Venture Capital Fonds, die in erfolgversprechende Gründungen investieren und stets auf der Suche nach dem nächsten „Unicorn“ sind. Wir sind bestrebt, alle Neugründungen in Deutschland zu erfassen und unserem Netzwerk die innovativsten Ideen vorzustellen. Natürlich sind unsere Trendscouts auch regelmäßig auf relevanten Konferenzen und Messen unterwegs, oft auch über den deutschen „Tellerrand“ hinaus. Die europäische Ebene ist für uns sehr wichtig, damit wir von unseren Nachbarn mit ähnlichen Herausforderungen lernen können.
DEKOM: Vielen Dank! (DEKOM, 10.03.2025) Mehr Infos zu Trianel Connect hier…