Experte: Soziale Medien gezielt und strategisch einsetzen

Soziale Medien, wie Facebook, Instagram und Twitter, sind aus dem Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Über digitale Netzwerke wird mit Freundinnen und Freunden kommuniziert und   Alltagserlebnisse geteilt.  Es werden Veranstaltungen und Netzwerke organsiert und politische Diskussionen geführt.  Dadurch haben sich auch die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger an die Kommunikation mit politischen Akteuren und der öffentlichen Verwaltung verändert. Nicht nur wird vielfach vorausgesetzt, dass Städte und Gemeinden auch in den sozialen Medien vertreten sind, der Logik dieser Medien folgend werden niedrigschwellige Kommunikation, schnelle Reaktionszeiten und hohe Responsivität eingefordert. Längst verstehen sich die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr nur als Adressierte, sondern wollen sich über digitale Tools aktiv beteiligen und einbringen. Behörden und Kommunen müssen dem veränderten Mediennutzungsverhalten mit entsprechenden Kommunikationsstrategien Rechnung tragen. Worauf Kommunen dabei achten sollten erklärt Felix Wesseler, Geschäftsführer der auf Social-Media-Kampagnen spezialisierten Full-Service-Agentur Magic Connection im DEKOM-Interview.

Herr Wesseler, nahezu 90 Prozent der öffentlichen Verwaltungen in Deutschland sind inzwischen auf Social Media aktiv. Augenscheinlich können Facebook & Co. erheblich zu Transparenz und Bürgernähe beitragen…

Felix Wesseler: Zweifellos bieten Social-Media-Kanäle den Verwaltungen vor Ort hervorragende Möglichkeiten mit den Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt oder zu treten, Entscheidungen transparent zu machen oder Themen aus dem Rathaus ganz allgemein an die Bürgerinnen und Bürger heranzutragen. Die inhaltliche Bandbreite ist enorm und reicht von amtlichen Bekanntmachungen und Imagekampagnen über lokale Auswirkungen globaler Krisen bis hin zur Positionierung der Verwaltung oder Stadtwerke als attraktiver Arbeitgeber oder Ausbildungsbetrieb. Kurzum; über soziale Medien können die vielen Menschen, erreicht werden, die sich täglich im Netz informieren und austauschen. 

Was gilt es für Kommunalverwaltungen und Behörden bei etwaigen Social-Media-Aktivitäten zu beachten?

Der Einsatz sozialer Medien muss sehr gezielt erfolgen und strategisch geplant werden. Die Botschaften müssen zielgruppengerecht und authentisch verbreitet werden und zwar auf den Kanälen, die von den Bürgerinnen und Bürgern auch genutzt werden. Ganz entscheidend für die erfolgreiche Social Media Kommunikation ist ein professioneller Umgang mit der hohen Dynamik in den sozialen Netzwerken. Hier bedarf es einer gewissen Reaktionsschnelligkeit, der in den Verwaltungen häufig fehlende Ressourcen, hierarchische Strukturen und zeitintensive interne Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse entgegenstehen. Nahezu jede Social-Media-Aktivität stellt gewissermaßen eine offizielle Äußerung der jeweiligen Organisation dar. Und, ganz wichtig: Social Media ist keine Einbahnstraße. Es gilt grundsätzlich, in den Dialog mit der Zielgruppe zu treten – und nicht einfach nur Botschaften zu senden.

Im öffentlichen Sektor ist das ein sehr sensibler Bereich. Hier bleiben offizielle Statements in der Regel ja der Behördenleitung vorbehalten…

Dennoch braucht es für Social Media Kommunikation kurze Freigabewege, etwa durch Ansiedlung kommunalen Social-Media-Aktivitäten bei der städtischen Pressestelle. Ich empfehle Kommunen von vornherein klare Verantwortlichkeiten, Rollen und Aufgaben schaffen und gleichzeitig Freiräume zu lassen, die eine dynamische und authentische Reaktion auf Anfragen gewährleisten.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hat schon vor einem Jahr die Abschaltung der Facebookseite Bundesregierung angeordnet und drängt auf ein generelles Social Media Verbot für die öffentliche Hand, weil die gängigen Plattformen seiner Auffassung nach gegen die DSGVO verstoßen würden. Derzeit beschäftigt sich das Verwaltungsgericht Köln damit. Wie bewerten Sie dieses Vorgehen?

Aus meiner Sicht ist das vollkommen absurd und hat nicht viel mit der Lebenswirklichkeit zu tun. Natürlich erwarten die Menschen zu Recht, dass Behörden und Kommunen in den sozialen Netzwerken aktiv sind. Gerade, wenn es um kurzfristige, schnelle Kommunikation in Krisensituationen geht, sind soziale Netzwerke für Behörden unabdingbar. Denken Sie an die Corona-Pandemie oder den Beginn des Ukraine-Kriegs, als viele Geflüchtete zu uns nach Deutschland kamen. Ich gehe davon aus, dass das Bundespresseamt Erfolg haben wird mit seiner Klage gegen das Verbot. Es wäre grob fahrlässig, auf diesen schnellen Informationskanal für die Bürgerinnen und Bürger zu verzichten.

Gleichwohl hat der Bundesdatenschutzbeauftrage mit seinem Vorgehen vielerorts für Verunsicherung gesorgt…

Das ist tatsächlich sehr bedauerlich. Wir beschäftigen uns als Agentur sehr intensiv auch mit Awareness- und Präventionskampagnen. Viele Städte, Gemeinden und Behörden aus dem Gesundheits- und Jugendschutzbereich entwickeln derzeit Aufklärungskampagnen im Zusammenhang mit der Cannabislegalisierung – natürlich vor allem auch zur Bespielung der sozialen Medien. Da wirken Datenschutzbedenken geschuldete Verbotsbestrebungen natürlich absolut kontraproduktiv. Aus meiner Sicht überwiegt hier eindeutig das öffentliche Interesse im Hinblick auf Aufklärung in puncto Risiken bei Cannabis-Konsum, sodass wir als Agentur Kommunen dringend raten, Social-Media-Kanäle wie Facebook und Instagram aktiv zur Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern zu nutzen. Wir arbeiten als Kommunikations-Agentur mit einer auf Datenschutz spezialisierten Kölner Kanzlei zusammen und lassen zudem durch eigene Anwälte unserer Firmengruppe besonders datenschutzrechtlich herausfordernde Themen für unsere Kunden vorab prüfen. Das ist so nicht selbstverständlich in der Agentur-Landschaft, aber so schaffen wir Rechtssicherheit für Klienten auch auf Social Media.

Warum ist es für Städte und Gemeinden ratsam sich für die Durchführung von Social-Media-Aktivitäten und die Entwicklung entsprechender Kommunikationsstrategien externe Unterstützung von Agenturen ins Boot zu holen?

Es fängt bei den Verantwortlichen für die Kommunikation in Social Media an, die es für den Dialog im Netz zu schulen gilt – sofern die Arbeit denn von den Kommunen selbst erbracht werden soll. Social Media Profis bei Agenturen verbringen täglich den Großteil ihrer Zeit online und können Trends, Stimmungen und ihre Entwicklung sehr schnell erkennen und darauf reagieren, ggf. unter Zuhilfenahme von KI-Systemen. Im besten Falle haben Agenturen zudem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Zielgruppen, die angesprochen werden sollen, um eben glaubwürdig und in der angemessenen Tonalität kommunizieren zu können, ohne lächerlich zu wirken oder langweilig. Wir beschäftigen beispielsweise mehrere Online-Redakteurinnen und Redakteure, die der sogenannten Generation Z angehören, sodass wir authentisch mit der jungen Zielgruppe kommunizieren können. Nicht zuletzt können Agenturen natürlich auch Randzeiten z.B. beim Communitymanagement abdecken, etwa Wochenenden oder Abendstunden, in denen natürlich auch Kommentare gepostet werden, auf die sofort reagiert werden muss, oder z.B. zügig wertiges Bewegtbildmaterial erstellen, weil die Mitarbeiter genau darauf spezialisiert sind. Und grundsätzlich schadet ein ehrlicher Blick von außen, von einem unabhängigen Dritten, bei der Entwicklung von Kommunikationsstrategien nicht – im Gegenteil: Ein Sparringspartner hilft manchmal ungemein. (DEKOM, 22.04.2024) Mehr Infos hier…

Vielen Dank.

Felix Wesseler ist Geschäftsführer gehörenden Fullserviceagentur Magic Connection. Magic Connection ist Teil der All3Media Gruppe, zu der weltweit rund 50 Unternehmen aus dem Entertainment-Sektor zählen. Magic Connection schafft Synergien mit Kunden und Kundinnen aus der Unterhaltungsbranche, der öffentlichen Hand und der Industrie und bringt diese in den Bereichen Social Media Management, PR & Communications Consulting sowie Influencer Marketing voran.

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